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Peter Töpfer: Brief an die feige Bande von Faschisten, die Horst Mahler Gewalt angetan hat

Heute, am 20. November 1999, frühmorgens um 5.00 Uhr, erreicht uns folgende Nachricht: "Am vergangenen Montag, dem 15. November 1999, wurde Horst Mahler im Café Exzess (Frankfurt/Main) von etwa 20 Jugendlichen tätlich angegriffen und verletzt. Einzelheiten sind dem hier angefügten ‚Offenen Brief‘ von Horst Mahler an ‚seine lieben Schläger vom Café Exzess‘ zu entnehmen. In diesem Zusammenhang ist auch der angehängte Bericht aus dem Tagesspiegel vom 18. November 1999 über die Verfolgung von Bernd Rabehl von Interesse."

Eben sollte das "Freie Gespräch Nr. 1" auf die nA-Internet-Seite gesetzt werden, in dem sich die Gesprächspartner u.a. freimütig und offensiv sehr kritisch zu Mahler äußern. Diese radikale Kritik an Mahler soll bleiben, und das Gespräch wird hiermit veröffentlicht. Aber es ist jetzt vordringlich, Solidarität mit Horst Mahler zu üben und die Aktion der faschistischen Pseudoantifaschisten aufs schärfste zu verurteilen.

Bei aller Kritik an Horst Mahler distanziert sich die nA von diesem feigen Überfall auf Horst Mahler. Diese Gewalt widert uns an. Das Dritte Reich konnte nicht verhindert werden, weil die antifaschistische Bewegung den Faschismus imitiert hat und weil die autoritäre linke und Arbeiterbewegung selbst von Anfang an den Faschismus in sich hatte. Nur die Menschlichkeit kann die Unmenschlichkeit ersetzen. Ich betrachte Euch nicht als meine Genossen, so wie es Horst Mahler nocht tut. Für mich seid ihr verdammte Drecksfaschisten. Ekelhafteste sog. Menschen. Die Linke konnte Hitler nicht verhindern, weil sie ihn verteufelt hat, weil sie zu blöde und zu stolz war, ihm dort recht zu geben, wo er recht hatte. Und Ihr werdet Mahler (den Mahler, den ich kritisiere; es gibt aber auch einen anderen Mahler) nicht verhindern, weil Ihr das nicht aufnehmt, was er an Richtigem sagt. Dazu seid ihr zu blöde und zu stolz; zu feige, Euch selber auch einmal in Frage zu stellen, ihr ekelhaften Tugendterroristen. Und Mahler hat in vielem recht. Ich kritisiere Mahler und betrachte die Entwicklung, die er ausgelöst hat und für die er steht, mit großer Sorge. Aber wie blöde wäre ich denn, ihm nicht dort recht zu geben, wo er recht hat? Eine solche Einstellung ist mir absolut fremd. Aber sie ist auch – technisch-operativ betrachtet – absolut ungeeignet, das zu verhindern, was an Schlechtem bei Mahler tatsächlich zu verhindern ist.

Glaubt Ihr etwa ernsthaft, Ihr habt in einem mit Gewalt ausgetragenem Kampf gegen (den zu kritisierenden) Mahler im Endeffekt auch nur den Hauch einer Chance? Wie blöd seid ihr denn überhaupt? Dieser Mahler, der zu kritisieren und dessen Machtergreifung zu verhindern ist (es fällt mir sehr schwer, es Euch abzunehmen, daß Ihr Euch zu diesen Kräften zählt), das ist nämlich der Mahler, der am Ende mit dem ganzen Staatsapparat gegen Freiheitliche vorgehen wird; und die staatlichen Maßnahmen dann gegen Euch, die werden von einer breiten Mehrheit im Volk getragen werden, denn warum sollte es das Volk kümmern, wenn Gewalttäter wie Ihr aus dem Verkehr gezogen werden? Warum sollte man Euch, wie Ihr Euch heute gebt, auch nur eine Träne nachweinen? Ihr habt es dann auch nicht besser verdient. Auf  welchen ungleichen Kampf laßt Ihr Euch überhaupt ein, ihr Deppen?!

“Das ist uns egal, wir gehen als die einzigen verbliebenen Antifaschisten standhaft und heldenhaft für die gute Sache in den Märtyrertod”, sagt Ihr. Aber hört einmal gut her, Ihr Verzweifelten, Ihr Lebensmüden, Ihr “Märtyrer”: Wir lassen uns von Euch nicht den antifaschistischen Kampf, den Kampf gegen die Gewaltherrschaft vermasseln! Wir haben vor, eine Zukunft ohne Zwangs- und Gewaltherrschaft mitzugestalten; und das lassen wir uns von Euch nicht kaputtmachen!

Mahler sieht den Teufel in Euch, schreibt er in seinem Brief an Euch. Ich glaube an keinen Teufel, wenngleich ich sehr gut nachvollziehen kann, was Mahler nach Eurem Überfall auf ihn empfunden hat. All meine Solidarität und mein Mitgefühl gehört jetzt ihm. Ich kann es sehr gut nachempfinden, daß manche Leute bestimmte Unmenschlichkeiten als dem Wesen des Menschen fremd, als teuflisch einordnen müssen. Etwa Sadisten vom Schlage eines Dutroux. Aber für mich seid Ihr nicht teuflisch (auch wenn Ihr in die Nähe eines Dutroux kommt), sondern einfach nur ekelhaft. Daß Mahler in Euch den Teufel sieht, das liegt aber auch daran, daß auch Ihr an den Teufel glaubt und diesen in Mahler erblickt zu haben meint. Denn nur so konntet Ihr diese Gewalt gegen Mahler entwickeln.

Gegenseitige Verteufelungen führen zu den grausamsten Gemetzeln. (Wobei das mit der Gegenseitigkeit ja nicht ganz korrekt ist: Mahler ist zu Euch gegangen, weil er Euch bis dahin nicht für Teufel hielt.) Seid Ihr es Euch nicht wert, diesen Gemetzeln aus dem Wege zu gehen? Oder was habt Ihr für einen abartigen Stolz? Geht Ihr wirklich absolut freiwillig in diesen Bürgerkrieg? Dürft Ihr Euch nicht schwach fühlen? Vor wem dürft Ihr Eure Schwäche nicht zugeben, zu sagen: Ich möchte mich nicht an diesem Krieg beteiligen.

Ich möchte Euch sagen: Es ist normal, es ist menschlich, in keinen Krieg gehen zu wollen. Es ist normal, nicht sterben zu wollen. Es ist kein Verrat an sich selbst, sich diese Schwäche einzugestehen. Nicht nur, daß man sich auch als Schwacher an der Gestaltung einer besseren, menschlicheren Welt beteiligen kann – man macht die Welt schon bedeutend menschlicher, wenn man sich menschlich, also auch einmal schwach zeigt. Und Eure Angst vor dem Faschismus, die könnt Ihr ruhig auch einmal zugeben und zeigen; Ihr müßt die nicht mit eigenem Faschismus überspielen!

Ekelhaft feige ist Euer Überfall auf Mahler, ist diese Gewalt von einer Übermacht auf einen einzelnen. Auch mich haben faschistische Pseudoantifaschisten bereits angegriffen (die Gelegenheit gab allerdings etwas weniger Brutalität her als gegen Mahler), als ich zu ihnen gegangen bin, um mit ihnen menschlich umzugehen, d.h. zu sprechen; und ich habe in ihre Augen geschaut, und dort das schlechte Gewissen und die Angst vor Gegengewalt gesehen: Ich habe Augen von kleinen, verschüchterten und verängstigen Jugendlichen, ja Kindern gesehen.

Aber noch viel feiger von Euch ist es, Euch nicht vor Euch selber einzugestehen, daß da irgendwas nicht mit Euch stimmt. Denn das ist der Fall, wenn Ihr einen Mann schlagt, der alleine zu Euch kommt, um mit Euch zu diskutieren. Damit beweist Ihr doch, daß irgendwas an Eurem Weltbild nicht ganz stimmt. Auch das ist keine Schande. Wir sagen: Man muß überhaupt kein Bild haben, wenn überhaupt ergeben sich Bilder ganz einfach. Denn ein Bild, das einigermaßen stimmt: Das muß man nicht gegen Andersdenkende verteidigen. Überhaupt nicht, und erst recht nicht mit Gewalt.

Einer kommt zu Euch, ganz alleine, und den schlagt Ihr: Könnt Ihr Euch überhaupt diese absolut absurde Situation vorstellen? Habt Ihr überhaupt einen Begriff von Eurer Schwäche, eine Vorstellung von Eurer Erbärmlichkeit? Nun ist mir keine Schwäche und keine Erbärmlichkeit fremd. Aber ich akzeptiere nicht, wenn diese Schwäche in Macht und Gewalt ausagiert wird. Und Ihr seid dermaßen schwach, daß ihr die harten, starken Schläger raushängen lassen müßt.

Und ich möchte Euch noch einmal als solche ansprechen, die tatsächlich noch einen Kern Freiheitsliebe und Menschlichkeit haben, auch wenn mir das nach dem Geschehenen schwer fällt: Habt Ihr einmal daran gedacht, daß Ihr mit Eurer Tat Mahler jetzt zum Märtyrer macht? Bei aller Solidarität mit Mahler jetzt will ich nämlich auch nicht, daß Mahler (wie er sich heute darstellt) seinen Einfluß vergrößert. Und das wird er, denn viele Menschen werden (gottseidank!) Mitgefühl mit ihm haben (es gibt ja nicht nur Menschen, die, wie Ihr, nichts mehr fühlen; die Solidarität mit einem Opfer üben) und ihm noch mehr in Dinge folgen, die sie eigentlich gar nicht wollen.

Ich glaube nicht an den Teufel, ich glaube daran, daß alle Menschen in sich das Gute, daß sie ein Gewissen haben. Mit Gewissen meine ich keine Rechenschaftspflicht gegenüber einer höheren Gewalt, sondern nur Euch selbst, Euren Gefühlen, Eurer Wahrheit, Eurem Denken, Eurer Menschlichkeit, Eurer inneren Stimme gegenüber. Auch Ihr habt diese Menschlichkeit; ich bin mir absolut sicher. Ich glaube nicht, daß es Menschen ohne Herz in der Brust gibt. Wißt Ihr, warum Ihr (in Mahler) an den Teufel, an das absolut gefühllose, herzlose Wesen glaubt, der nur das Böse will? – Weil ihr selbst keine Gefühle mehr habt. Ihr kennt keine Gefühle mehr; Euch sind Gefühle fremd. Mit Gefühlen meine ich hier liebevolle Gefühle, Menschlichkeit, denn an Haß habt Ihr ja wahrlich genug. Leute, die selbst kaum noch Gefühle in sich haben, die feige in der Gruppe auf einen Einzelnen einschlagen können, die sollen ganz ganz stille sein, wenn es darum geht, Unmenschlichkeiten zu verhindern.

Ihr nicht, Ihr Scheißgewalttäter, Ihr Drecksfaschistenpack, Ihr nehmt den Namen Antifaschismus nicht mehr lange in den Mund! Dafür werde ich sorgen. Aber nicht mit Gewalt, denn ich bin ein Einzelner und hätte – wenn mir Gewalt sowieso nicht völlig fremd wäre – sowieso keine Chance. Nein, ich werde Euch das Herz öffnen, ganz langsam, ganz sachte. Denn ein steinernes Herz öffnen, das tut sehr, sehr weh. Das springt ganz schnell entzwei, und das tut höllisch weh. Da muß man sehr, sehr sachte vorgehen.

Eine erste Lektion, die erste Therapie-Stunde seid Ihr (auch mit dem Brief Mahlers an Euch) gerade im Begriff durchzumachen: Es ist die Einsicht in Eure eigene Feigheit. Und daß Ihr dies einseht, beweist Euer Rechtfertigungsschreiben “...Horst Mahler kam uneingeladen”.

Wir alle sind feige, ich auch. Feigheit ist es, vor sich selbst bestimmte Dinge nicht einsehen zu wollen, so daß man, wenn jemand kommt, der irgend etwas sagt, was das gefestigte Weltbild bedroht, diesen vernichten muß. Ihr kehrt Eure eigene Unsicherheit einfach nach außen, ihr kleinen Würstchen; Ihr reagiert Euch einfach nur nach außen ab. Und das ist feige, weil Ihr genau wißt, daß in Euch das Problem ist. Und vor dieser Einsicht habt Ihr Angst. Aber Ihr habt auch noch Angst vor der Angst, und das ist Feigheit.

Und diese Feigheit bringt Euch an den Rand der Anerkennung der anderen Menschen. Wenn sie Euch demnächst abholen und fertig machen und in die Lager stecken sollten, wie es den linksautoritären Pseudoantifaschisten und den wahren Antifaschisten, die sich leider nicht durchsetzen konnten, schon einmal ergangen ist, dann dürft Ihr Euch auch nicht mehr darüber wundern. Denn Ihr habt Euch erst einmal selber aus der menschlichen Gemeinschaft ausgeschlossen mit Eurer Herzlosigkeit, mit Eurer abgrundtiefen Feigheit nach innen und außen. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie ich Euch verachte. Und viele andere Menschen verachten Euch ebenso, mit recht. Ihr habt keine Sympathien bei den Menschen. Seid Ihr wirklich so verhärtet, darauf gänzlich zu verzichten?

Der erste Schritt ist es, diese Feigheit zu fühlen und sie anzunehmen. Seid einmal nicht feige und erkennt Eure Feigheit an! Es ist so wahnsinnig feige von Euch, Mahler auch nicht einmal recht zu geben und ihm zu unterstellen, er hätte nicht auch an manchen stellen recht (wie jeder Mensch, also auch Ihr). Ihr solltet Euch dafür schämen, Euch dies nicht einzugestehen; Ihr solltet Euch schämen, Mahler nicht als Menschen zu akzeptieren. Es ist so einfach, jemanden zum Teufel zu machen; das ist viel bequemer so; da braucht man sich nicht mit ihm auseinanderzusetzen. Da braucht man sich auch nicht in Frage zu stellen. Denn das wäre wirklich mutig (“couragiert”) von Euch: Euch nur einmal ganz kurz in Frage zu stellen. Aber darauf kommt ihr ja nicht, ihr Tugendapostel; Ihr seid ja die Elite der Menschheit. Im Vergleich mit Euch ist ja Mahler – das muß deutlich gesagt werden, bei all seinen zum Teil menschenfeindlichen Programmen – eine Ausgeburt von Liebe, Menschlichkeit, Toleranz und all der anderen Qualitäten, die Ihr zu vertreten meint, die aber bei Euch nur noch Tugenden sind und keine Realitäten. Und auf Tugenden kann geschissen werden.

Ich weiß, daß Ihr nicht einmal mehr Tugenden vertretet; Ihr besteht fast nur noch aus Haß, und Ihr seid stolz darauf, Ihr wollt das so.

Wenn von einem freiheitlichen Kern bei Euch noch etwas verblieben sein sollte, dann solltet Ihr den Gegner auf das Euch eigene Feld ziehen, dann solltet Ihr die “Waffen” einsetzen, die Eure Stärke ausmachen und Euch schleunigst andere Formen des Kampfes überlegen. Dann solltet Ihr ihm die Lust an der Freiheitlichkeit vorleben! Dann solltet Ihr ihn anstecken mit dieser Lust!

Daran aber – daß Ihr wenigstens rudimentär noch Freiheitsliebende seid, daß Ihr überhaupt wißt, was Freiheit und der Genuß von Freiheit ist – muß allerdings sehr stark gezweifelt werden. Umgekehrt wird doch ein Schuh draus: Mahler kommt zu Euch, die Ihr Euch zu seinen Feinden erklärt und will mit Euch sprechen: Das ist doch Freiheitslust! Ja, auch diesen Mahler gibt es, nicht nur den Staatsfetischisten.

Und deswegen wende ich mich auch – ich sage es ganz ehrlich – mit diesem Brief gar nicht mehr an Euch, die Ihr diese feige Tat begangen habt, sondern nur an Euer Umfeld. Ich appelliere an die Antifaschisten, die selber zu einer solchen Gewalttat nicht fähig sind (und die allein noch diesen Namen verdienen): Wirkt auf Eure Freunde ein! Haltet Sie ab von diesem Faschismus! Laßt uns nicht den Antifaschismus von diesen armen, bedauerlichen, gefühlsgestörten aber destruktiven Leuten kaputt machen! Verhelft Ihnen zu der Einsicht, daß sie krank sind. Krankheit ist keine Schande! Aber jeder ist auch für seine Krankheit und die aus ihr resultierenden Taten verantwortlich, jetzt, wo er erwachsen ist. Rettet sie, die Euch noch etwas wert sind, deren Freunde Ihr seid. Laßt sie nicht ins Verderben rennen! Holt sie mit Eurer Menschlichkeit zurück in die Menschlichkeit, damit Ihr alle tatsächlich etwas für eine menschliche Zukunft und die Verhinderung von Unmenschlichkeiten tun könnt.