nationale Anarchie >

Initiative
Neue
Anarchie

Zulieferer

Diskussionsgrundlage, Anschauung, Bezug zu anderen Texten
[zurück zur diesbezüglichen Übersicht]

 

Jean Mabire: Ich bin kein Faschist

(Dieser Aufsatz ist die Übersetzung des Kapitels “L’impasse fasciste” (Die faschistische Sackgasse)  aus dem Buch “La Torche et la Glaive. L‘écrivain, la politique et l‘espérance. Libres Opinions, 1994, und wurde in Sleipnir 2/98 zuerst auf deutsch veröffentlicht)

Es ist in der Tat ziemlich paradox, bemerken zu müssen, daß gerade die Leute, die dem Faschismus am lautesten vorwerfen, überholt zu sein, sich bei näherer Betrachtung de facto als Anhänger einer Zensurwirtschaft im Stile Metternichs oder der Monarchie im Stile Ludwigs XIV. herausstellen. Man spottet über Nürnberg, aber man träumt von Versailles! Es sei also gestattet, den Anhänger des Faschismus von allerlei Spielarten ,,Verfassungsschutz" und Staatsversessenheit, von der Reaktion also, zu unterscheiden. Die Monokel-Generäle und Verschwörer vom 20. Juli 1944 bewiesen, daß es von der Provence bis nach Preußen nicht so weit ist und daß Maurras' integraler Nationalismus auf Deutschland übertragen werden kann. Wie wenig das doch im heutigen Europa zählt. Was wiegen auf beiden Seiten des Rheins die Militärs im Ruhestand, die von der Konterrevolution träumen, d.h. vom Bestehen der Dividende und des Pachtzinses, der Teegesellschafien und der Bridgepartien? Die Junker wie die Chouans haben den Krieg verloren. Nein, ich bin kein Faschist, doch ich werde nicht mit der antifaschistischen Meute rennen, der von rechts und der von links, vor allem wenn sie sich mit unseren jungen Männern und Frauen anlegt, die dabei sind, sich von all unseren alten Dogmen und Losungen zu befreien. Sicher ist der erste faschistische Reflex ein Reflex der Respektlosigkeit gegenüber allen Idolen, zuerst gegenüber dem im Sterben liegenden Liberalismus. Das ist schon mal keine so schlechte Sache. Warum ich kein Faschist bin? - Weil ich nicht einmal weiß, was das, außer einer rentablen Beschimpfung, überhaupt ist. Man ist immer der Faschist von irgend jemand, und es ist nicht einfach, eine genaue Definition dieses Begriffes zu liefern, was die Polemik vereinfacht und jedem x-beliebigen kleinen Professor erlaubt, billigen Antifaschismus zu betreiben.

Wenn man sich an die einzige indiskutable Autorität in dieser Sache hält, nämlich Mussolini in der ,,italienischen Enzvklopädie", erfährt man, daß der Faschismus spirituell und antimaterialistisch ist. Zitat: ,,Für den Faschismus ist die Welt keine materielle Welt, wie sie an der Oberfläche erscheint, wo der Mensch ein von allen anderen isoliertes Individuum ist, der für sich existiert und von einem Naturgesetz regiert wird, die ihn instinktiv in ein Leben egoistischen und kurzzeitigen Vergnügens treibt. Der faschistische Mensch ist ein Individuum, das Nation und Vaterland ist, ein moralisches Gesetz, das die Individuen und die Generationen in der Überlieferung und in einer Aufgabe vereint, und den auf das enge Gebiet der Lust beschränkten Lebensinstinkt niederhält, um in der Pflicht ein höheres, von den zeitlichen und räumlichen Grenzen befreiten Lebens zu begründen: ein Leben, in dem der Einzelne durch Selbstverleugnung, durch das Opfer seiner besonderen Interessen, ja sogar durch den Tod diese ganz und gar durchgeistigte Seinsweise verwirklicht, seinen Wert als Mensch ausmacht. Ich bin kein Faschist, weil ich nicht an diesen doch sehr einfachen Gegensatz von Spiritualismus und Materialismus glaube. Ich glaube, daß sich Mussolini in diesem manichäischen und primitiven Dualismus geirrt hat. Ich bin kein Faschist, weil ich Monist bin und Spiritualismus und Materialismus sich für mich nicht bekämpfen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Das ist vielleicht ein etwas philosophischer und abstrakter Standpunkt, doch er hat seine Bedeutung.

Ich bin kein Faschist, weil ich zu jung bin, um Erinnerungen und Paßwörter auseinanderzudröseln. Ich gehöre nicht der Generation des Treffens von Saint Denis oder des Endkampfes von Berlin an. Wozu sich immer wieder gegenseitig die Erinnerungen an die Nachtmärsche und Lagerfeuer erzählen? Und noch weniger als für das faschistische Museum kann ich mich für den neofaschistischen Zirkus erwärmen. Ich bin zu alt, um mich über das pubertäre Gehabe dieser Hitlerfans zu amüsieren, die Uniformknöpfe der Wehrmacht oder alte Nummern von Signal zu sammeln. Ich habe das Alter der kurzen Hosen, der Armbinden und der Sturmriemen hinter mir, die alltäglichen und allabendlichen Huldigung vor Porträts der alten Führer und andere beliebte Übungen dieser englischen Nazis, die im Fernsehen auftreten. Die Folkloregrüppchen interessieren mich auf diesem Gebiet herzlich wenig, die sich im Kreise um einen Plattenspieler zu setzen, um erhabene Reden von alten verkratzten Platten zu hören, scheint mir eine Übung zu sein, die eher mit romantischem Joga zu tun hat als mit revolutionären Aktionen.

Ich bin kein Faschist, denn es handelt sich beim Faschismus um eine abgelaufene und widersprüchliche historische Erfahrung. Es gab mehrere Faschismen, die je nach Zeit und Land variierten. Es gibt kaum Gemeinsamkeiten zwischen dem Faschismus der Kampfzeit, dem Faschismus an der Macht und dem Faschismus im Kriege. Man kann die Entwicklung des Faschismus (ich spreche hier ungern in der Einzahl) sehr wohl eher als Folge äußerer Umstände denn als Getriebe inneren Schicksals sehen. Es gibt eine unleugbare Diskontinuität zwischen 1923, 1933 und 1943. In der Apokalypse nach Stalingrad führt das zwingende Gebot des unmittelbaren Effektes zu den wahnwitzigsten und blutigsten Widersinnigkeiten. Supernordische Norweger wurden als Widerständler erschossen oder deportiert, während Inder oder Araber als Freiwillige die Uniform der Waffen-SS überzogen!

Dieses wagnerische Ende im Rauch der Krematorien - ohne die Phosphorbombardierungen und Ungeheuerlichkeiten der Mongolen zu vergessen - darf nicht in Vergessenheit geraten lassen, daß es diese faschistische Hoffnung gab, und auch nicht, was es für Europa hätte bedeuten können, wenn nicht ein Bruderkrieg, für den alle (natürlich auch Adolf Hitler wie alle anderen) verantwortlich waren, diesen Traum zerstört hätte. Ich bin kein Faschist; doch als ich Kind war, war der Faschismus der Frühling Europas. In allen Ländern vereinigte die gleiche Hoffnung die alten Kämpfer des Großen Krieges und die Jugend, die sie zum Aufbau einer Neuen Ordnung riefen. Und noch mehr als die Faschismen an der Macht waren es die Faschismen im Kampf verfolgt und uneinnehmbar, die diese Wende der Geschichte markierten. Männer von dreißig Jahren nahmen ihre Länder an die Brust und versuchten, eingeschlafenen Völkern wieder den Glauben an sich selbst einzuhauchen. Mosley in England und Degrelle in Belgien elektrisierten ganze Säle. Von Norwegen bis Ungarn, von Rumänien bis zu den Niederlanden erhoben sich Männer gegen die gleichen Gegner und marschierten gleichen Schrittes.

Das waren mörderische Faschisten. Gewiß. Doch wie viele aus ihren Reihen sind zuerst ermordet worden? Wer zählt die Zahl der vor der Morgendämmerung dieses europäischen Frühlings, den sie für ihr Vaterland riefen, gefallenen Männer? José Antonio und Codreanu, in ihren Kerkern erschossen, der Spanier durch die Roten und der Rumäne durch die Weißen. Und Joris van Severen, 1940 in Abberville von flüchtenden Soldaten niedergemacht, an der Grenze zu den Niederlanden, die er so liebte... Ich bin kein Faschist, denn all diese Toten gehören dem Reich der Vergangenheit an, doch ich glaube, daß die faschistischen Märtyrer zum Erbe Europas gehören. Das später durch so viel unnütze Rache und in so vielen absurden Massakern vergossene Blut ändert nichts daran. Ich bin kein Faschist, doch ich spucke nicht auf Gräber. Daß man die Gräber der Gefallenen des Münchener Marsches auf die Feldhernhalle aus dem Jahre 1923 mit Dynamit geschändet hat, beweist nur, daß Europa seinen ritterlichen Geist verloren hat.

Ich bin kein Faschist, denn der Faschismus hat es nicht geschafft, seine inneren Widersprüche zu überwinden und hat vor seiner Aufgabe versagt, die soziale Revolution zu vollenden und den Kontinent zu einigen. Der Faschismus, so wie er in Europa gelebt hat von 1919 bis 1945 und so wie er gestorben ist, war, trotz der Grausamkeiten am Ende, ein Regime des Übergangs und der Reform. Mussolini hat sich auf das konservative Bürgertum gestützt, das ihn schließlich verraten hat; so wie sich Hitler auf die revanchistischen Militärs gestützt hat, die ihn ebenfalls verraten haben. Am Ende war der Faschismus weder sozialistisch noch europäisch gewesen.

Ich bin kein Faschist, weil ich Sozialist bin und immer mit der Welt der Arbeit gegen die Welt des Geldes solidarisch sein werde: Immer im Lager der streikenden Bergleute und nie in dem der Großbanken und der Schwerindustrie. Und auch wenn sich heute selbst die Kommunisten mit den Kapitalisten vereinen und uns von friedlicher Koexistenz erzählen, so wissen wir doch, daß es nie ein Einverständnis zwischen den Arbeitern und den Ausbeutern, zwischen der Haushälterin und den Schmarotzern, zwischen den Leuten, die sich abmühen und den Leuten, die sich an ihrer Mühe bereichern, geben wird. Proudhon wußte es vor Marx, und Sorel hat es uns besser gesagt als Marx. Durch ihr Sichabfinden mit den Unternehmern und auch, weil sie es vernachlässigt haben, die großen Industriellen auf Vordermann zu bringen, die sie aus taktischen Gründen brauchten, haben die Faschisten einen Todeskeim in das Herz ihres Regime eingeführt. Das hat sie nicht daran gehindert, die italienischen Bauern oder die deutschen Arbeiter zu gewinnen, doch damit haben sie das Herz des französischen Arbeiters und des russischen Bauern verschlossen. Ich bin kein Faschist, weil ich Europäer bin. Und die Faschisten haben sich vom Wahn einer nationalistischen Politik hinwegreißen lassen. Die Faschisten, von der Idee des Staates, von der Vereinigung des Staates mit der Nation, des Staates mit dem Volk besessen, waren ebenso unfähig, den Gauen ihrer Länder rechtmäßige Freiheiten zu gewähren wie einen Teil ihrer Souveranitat zugunsten eines übernationalen europäischen Staates aufzugeben, der einzigen Einheit auf der Höhe der militärischen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten. Dem Faschismus ist es nicht gelungen, das Stadium des alten Nationalismus zu überwinden und den kontinentalen Patriotismus zu schaffen, von dem die besten europäischen Faschisten geträumt haben und für den die Besten der Besten ihr Leben gegeben haben. Ob man es will oder nicht: Diesen europäischen Patriotismus hat es einige Jahre an dieser Ostfront gegeben, an der Seite an Seite Spanier und Finnen, Skandinavier und Italiener, Ungarn und Franzosen, Russen und Flamen, Bulgaren und Letten, Slowaken und Deutsche gemeinsam kämpften. Es gab sogar englische und schweizer Freiwillige... Das Gegenstück zu dieser faschistischen Brüderlichkeit ist übrigens die kommunistischen Brüderlichkeit im Widerstand gewesen. Doch der russische als auch der deutsche Nationalismus, die diesen Bewegungen Leben gaben, haben schließlich die Hoffnungen, die mit ihnen verbunden waren, auch wieder begraben, indem die sie diese für ihre hundert Jahre alten panslawistischen und pangermanistischen Ziele ausnutzten. Ich bin kein Faschist, weil ich ein Freidenker bin und weil ich den Begriff der Freiheit für einen grundlegenden Begriff halte, mit dem die nichtnordischen Völker nur wenig anfangen können. Wir haben den italienischen und den japanischen Faschismus kennengelernt. Es hat einen argentinischen und einen ägyptischen Faschismus gegeben, so wie es morgen einen algerischen Faschismus geben wird, wenn wir Ferhat Abbas, dem großen Kenner und aufmerksamen Beobachter in Sachen Demokratie und Antifaschismus, Glauben schenken. Die schwarzen Moslems sind schwarze Faschisten. Und Arthur Koestler wußte vom jüdischen Faschismus. Der Faschismus ist zunächst eine universell bekannte Regierungsmethode und keineswegs tiefer Ausdruck der europäischen Völker. Man kann sagen, daß der traditionelle individuelle Freiheitssinn, der in den nordischen Ländern Europas so ausgeprägt ist, seinem inneren Wesen nach dem Faschismus entgegengesetzt ist und daß die Hitler-Bewegung mit ihrer zentralistischen und römischen Vorstellung vom Staat einen wirklichen Verrat am Erbe, auf das sie sich beriet, bedeutete. Dieser Widerspruch entging im übrigen einigen Deutschen nicht; die Entwicklung des Systems hin zum Etatismus - d.h. zum Faschismus - zwang die Anhänger dieses nordischen Ideals immer mehr in die innere Emigration. Mir persönlich ist der echte germanische Geist der Freiheit viel zu teuer - der Geist Wittekinds und Luthers -, um mich dem Faschismus anzuschließen, dieser im wesentlichen südländischen Vorstellung vom Staat, dieses theatralischen Kollektivismus, der heute in Nassers Ägypten den Vorbeimarsch der römischen Legionen und die Prahlereien von einem gewissen Balkon herab erneut aufleben läßt.

Nein, da erscheint mir Israels Blut-und-Boden-Politik noch angemessener.

Ich bin kein Faschist, weil ich an die Macht und die Notwendigkeit der völkischen Wirklichkeit glaube, die unendlich solider und fruchtbarer ist als der bloße politische Zusammenhalt. Ich bin kein Faschist und ich glaube nicht, daß das Europa von morgen ein faschistisches Europa sein wird, denn Europa wird nur gegen die großen Nationen von heute und gegen die nationalistischen Krebsgeschwüre, die heute an ihm nagen, entstehen. Daß man sich hier nicht täuscht! In diesem neuen, vereinten und föderalistischen Europa wird es eine einheitliche Armee und eine gemeinsame Wirtschaftspolitik geben, es wird die völlige Integration aller kontinentalen Fragestellungen verwirklichen. Dabei wird es zur gleichen Zeit die strengste Achtung der ursprünglichen Kulturen, des völkisch Überlieferten und der Minderheitensprachen verkünden müssen.

In den Vereinigten Staaten von Europa wird ein baskischer, ein bretonischer, ein kroatischer und ein ukrainischer Staat entstehen. Der Faschismus, der zentralisiert und nivelliert, der alle regionalen Selbstverwaltungen zerstört hat, hat für diese Ideen nichts übrig gehabt, und ich bin kein Faschist, weil das vereinigte Europa für mich das Europa der Volksgemeinschaften sein wird, und nicht das irgendeines Diktatoren, bei dem wir schwarze, braune oder grüne Hemden tragen und in 24er-Reihen marschieren müssen. Ich bin auch insofern kein Faschist, als der Faschismus die Supermärkte, die Wohnsilos und das regierungsnahe Fernsehen angekündigt hat: Huxleys ,,Schöne neue Welt”. Ich bin auch aus dem Grund kein Faschist, weil der Faschismus dem entmenschlichenden und KZ-mäßigen Aspekt der modernen Zeiten entsprach.

Aber ich muß wohl feststellen, daß die liberalen Staaten den faschistischen Staaten um nichts nachstehen: Noch nie sind seit dem Untergang des preußischen Militarismus so viele Wohnkasernen gebaut worden.

Ist es das, was den jungen ,,Faschisten” gesagt werden mußte? Mußte ihnen überhaupt irgend etwas gesagt werden? Wer sind wir denn, diesen Jungen Ratschläge erteilen zu wollen? Wir, die wir uns nach so vielen Zusammenbrüchen ihnen nähem möchten: Zusammenbruch 1940, Niederlage der nationalen Revolution in Vichy, Verrat der sozialistischen Revolution bei der Befreiung, Aufgabe Indochinas, Desaster in Französisch-Algerien... Es fehlt uns nicht an Empfehlungen! Und wenn wir ehrlich sind, müssen wir wohl anerkennen, daß unsere eigenen Fehler genauso zu unseren aufeinanderfolgenden Niederlagen beigetragen haben wie die Schachzüge unserer Gegner. Uns sind die Prüfungen aufgegeben worden. Natürlich führen auch wir die klassische Ausrede der Besiegten an: ,,Wir sind verraten worden!” Doch der erste Verrat bestand in unseren Verbrechen, unseren Irrtümern, unseren Illusionen. Wir haben kein Recht, den Jungen Lektionen zu erteilen. Sie sind es, vor denen wir Rechenschaft ablegen und die uns Befehle erteilen müssen. Sie sind im Alter des Glaubens, der Reinheit, der Begeisterung. Sie belasten sich nicht mit unserem Bedauern, unserer Reue. Sie lachen über unserer Streitereien. Daß wir ihnen Ratschläge erteilen wollen! - Wir, die wir in unserem Fleisch die Narben des Mißerfolges tragen; wir, die wir die Offiziere der verlorenen Kriege, der gescheiterten Revolutionen sind... Wenn sich junge Leute Faschisten nennen - heute mit leiser, doch morgen mit lauter Stimme - dann, weil sie Sehnsucht nach den heroischen Zeiten haben. Während die Seiten aller Zeitungen - und die kommunistischen Zeitungen an der Spitze - voll sind mit Geschichten und Fotos irgendwelcher Pop-, Tennis- oder sonstiger Medienstars, sollen wir dann verzweifelt darüber sein, wenn sich unsere Jungs und Mädels, wenn unsere Brüder und Schwestern andere zu Helden küren? Einen zum Beispiel, der war fünfzehn Jahre alt. Er hieß Herbert Norkus und war Berliner Schüler. Am 24. Januar 1932 wurde er mit sechs Messerstichen getötet, weil er Mitglied bei der Hitler-Jugend war. Man hat nach dieser wahren Geschichte einen Film gedreht: ,,Hitlerjunge Quex”. Sicher ist es diese Art Faschismus, die die Jugend träumen läßt, weil nichts anziehender ist als ein verbotener Film und eine verbotene Geschichte.

Warum ich kein Fasch ist bin? Weil für mich ein Wort keine große Bedeutung hat. Die jungen Aktivisten, wo auch immer sie heute seien, woher sie auch morgen kommen werden, werden es verstehen, dieses Wort zu schmieden, das nur ihnen gehören und die Revolution ankündigen wird, die sie sich auszulösen anschicken. Am Tag, wo sie beginnen werden, etwas ernster unsere alte, vom Geld und der Bequemlichkeit verrottete Welt zu erschüttern, werden ihre Schritte von Gestöhn und von Ratschlägen begleitet sein. ,,Haltet die Rechte von der Linken fern!”, ,,Erschreckt die Christen nicht, und auch nicht die Demokraten!”, ,,Vergeßt auch die Christdemokraten nicht!”, ,,Greift die Kirche, die Armee nicht an, das Proletariat und die Akademiker nicht!”, ,,Laßt Euch nicht auf den sozialistischen Traum ein; erwartet kein europäisches Wunder!”, ,,Seid Antikommunisten wie Eure Großväter, Antifaschisten wie Eure Väter, antirassistisch wie Eure Hausmeister und antigaullistisch wie Eure Morgenzeitung!”, ,,Mißtraut den anderen! Folgt uns!” Nun, ich bin kein Faschist, weil ich überhaupt keine Lust habe, die Jugend einzuzäumen und von Polizisten bewachen zu lassen. Ich möchte lieber sehen, wie sie sich anstellen, um dort zu siegen, wo wir Alten verloren haben. Nein, ich bin kein Faschist, denn ich behaupte nicht, die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben, im Besitz des idealen Rezeptes zu sein, das Programm in 27 Punkten vorweisen zu können, den von der Vorsehung gesandten Führer zu kennen und mit messianischer Gewißheit den Tag der Befreiung vorhersagen zu können. Ich bin kein Faschist, weil ich nicht glaube, daß es nur junge Faschisten geben wird, die die Wiedergeburt, die uns alle überraschen wird, vollbringen werden. Es wird an ihrer Seite jene geben, die sich Christen nennen, und jene, die sich Sozialisten nennen; jene, die schon Nationalisten, jene, die noch Kommunisten sind und jene, die etwas sind, von dem niemand heute etwas ahnt und etwas weiß. Ich, der ich kein Faschist bin, ich denke, sie werden schon einen schönen Namen finden für das Bündel all ihrer jungen Kräfte.

Übersetzung: Peter Töpfer