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Poesiealbum

2. Teil

 

Heinz Queermann: Der deutsche Soldat

I

Ein deutscher Soldat weint in der Stille der Nacht

Die Gedanken schweifen fern

Die Mutter zuhaus, der Bruder im Kampf

... Alles ist drückend und schwer

 

Doch plötzlich fühlt er Wärme.. Ein hoffnungsvolles Licht

Sein Herz erfühlt die Liebe... – die ihm sein Führer gibt

Die Augen werden leuchtend, das Blau strahlt wunderbar

Die Tränen des Soldaten, Kristalle... himmelsklar

 

II

Im gelben Korn haben sie gelacht, der Himmel von zartem Blau

Die Sinne warn trunken vom heiteren Rausch, die Hände der Männer rauh

Sie packten die Mädels mit frohem Schwung und hoben sie empor

Die Melodie von Liebe und Lust erfüllte jedes Ohr

Das Fest der Freude war im vollen Gang, so wie von Gott erdacht

Der Feind hat’s beendet und mit Kanonenschlag... Ein todesfest draus gemacht...

 

Die Lieder verstummt, das Kornfeld brach.

Die Winde der Ferne wehen über’m Soldatengrab

Die Seele verletzt, das Herz voller Gram

Es wächst der Soldat zum deutschen Titan

Mit stählender Hand und eisernem Schritt

Erkämpft er seines Volkes Heimat zurück.

 

Und wenn dann der letzte Schlag ist gelungen...

Des Kriegers Herz wird leise und still.

Und in seiner Seele wird ein Lied gesungen

Vom Mädchen im Kornfeld, so wie Gott es will.

 

 

netz schmarotzer fleisch und glaube

 

das netz hängt in meinem geist wie das zeltdach

des olympiastadions zu münchen

in meinem fleisch hängen die halterungen

wiederhaken mit der wundbinden befestigt werden

die reuse in denen die gedanken schwimmen

es hängt in mir wirft schatten

aufs fleisch verdunkelt den geist

es ist perfide an seinen fixpunkten

wächst es ins fleisch ist vom fleisch

nicht mehr zu unterscheiden

der geist war das netz

da aus dem fleisch vertrieben

 

warum nicht teilnehmen am leben warum es ist

nicht zu verstehen dieses netz in meinem geist

als bild vielleicht noch vom netz eingeflüstert

diese schmarotzenden überschwelligen gedanken

die sich mein unterschwelliges blut nehmen

noch vom netz als bild vorgegeben wer hat sie

in mich eingepflanzt gedanken geht weg

ich befehle dir netz heb dich davon

spann dich ab aus meinem hirn

 

ich sehe wie du dich langsam auflöst

wie deine wiederhaken in meinem hirnfleisch

ihren biß verlieren

panisch wirst du du merkst

deine stunde hat geschlagen

jetzt bist du dran ich merke

wie sich deine triumphierende maske

zu einer panischen häßlichen fratze verzerrt

die sich langsam auflöst von unten mein gehirn

es wird immer stärker

immer blutiger

es weiß was es will

dich vernichten

alles an dir löst sich auf

deine einst so blitzenden silbernen haken in mir

deine fratze ich ahne schon den tag

da deine plane davonflattern wird

deine plane die so dicht auf mir lastet gespannt

dein einst so vollkommen gesponnenes gewebe

das in mir alles kontrolliert der zoll

anmaßende maßnahmen dieses organs

fremdkörper ministerium des todes

bürokratie des sterbens

alle bürokratien der welt liegen fett

und feist in meinem gehirn

klumpige klobige bauwerke stehen hängen in meinem himmel

verdrängen verdunkelen meine helle seele

mein strahlendes blut

verderben es mit selbstzweifel

machen jede befreiung unschön

geben uns die schuld für unschönheit

ja wir müssen da raus nein

raus mit euch verschwindet löst euch auf

spuk verschwinde von unten da wo still

mein blutiges fleisch auf seinen tag wartet

da pocht es da pulst es kräftig an die pforte

dieses klobigen schlosses es muß sie nun öffnen

etwas bahnt sich an ein machtwechsel

stark und entschlossen drängen die neuen kräfte

stürzen sie die alten mächte

hinaus feistes fettes pack

schmarotzer am schaffen des volkes

ich sehe euch bischöfe in panik geraten bald

sucht ihr das weite ich sehe

ein lieb Mütterlein sich eurer annehmen

zuwendung die ihr nicht verdient

die aura eurer macht wirkt nach

nie seid ihr kleinzukriegen

ihr bleibt eine ständige bedrohung

feist und fett kluckt ihr über uns

es ist verwunderlich

wer gab euch diese macht

wo habt ihr sie her bonzen aller zeiten

die ihr zynisch heuchelt

klammheimlich und ängstlich darauf wartet daß euch

die ehrlichen menschen die früchte ihres schaffens antragen

feistes gesindel wer kann euch wegjagen

wo sind die entschlossenen männer

die stehen und nicht wanken

weil das blut das fleisch und der glaube sie ausfüllt

still stetig einfach kräftig ohne umwege

es pumpt und pulst es regt sich und west

nur dieser eine stetige herzschlag

nur diesen einen ihren glauben kennen sie

der nur und ganz ihr eigner ist

entstanden aus ihrem blute

erwachsen in ihrem fleisch

und aus dem was die ahnen taten

die auch nur sie selber waren

kein zweifel in ihrem fleische steckt woran auch

alles schwingt frei und ungebremst in wellen durch die geschlechter

muster schwappen nach vorn in die heutigen

drücken pumpen schmatzen nach vorn aus dem vergangenen

schwingen senden ihre botschaft

hinein in uns heutige die herzen pumpen

die muster strömen aus mit jedem schlag

eilen zu uns hin das ist der geist der glaube

der uns erfüllt durch uns in uns hineingepumpt

sonst nichts

kein buchstabe kein buch

keine geschichte keine schrift

wörter unter die wir uns pressen

begriffe die wir annehmen sollen

nur was durchs blut zu uns hinschwingt

kein symbol keine formel kein dogma

die gefühle das schauen und das sein waren

was uns ausmachte so wie es ist

und sich stets verändert

an nichts halten wir fest

viel zu groß ist unser vertrauen

in den puls wie er pumpt

wir wollen nichts wissen nichts

außer von europas herzschlag heute

keine wörter hören nichts

von fremden gespenster euren dreck

geboren aus verklemmung rechtfertigung verkehrung

uns zu verarschen niederzuhalten kaputtzumachen

jetzt stehen wir auf

entschlossene aufrechte männer

die wir durchdrungen sind

von unserem recht und unserem willen

dem willen zu bestehen

schlagen jagen wir euch aus unserer bahn

fegen euch weg dickes feistes gesindel

zynisches ausbeutergeschmeiß

schmarotzende würger unsagbar schamlos

die ihr dachtet ewig auf uns zu klucken

oh wie abgefeimt ihr waret wie unendlich zynisch

ihr den menschen heucheltet

ihre ehrlichkeit ausbeutetet

wie müssen wir uns wundern

über das ausmaß eurer schamlosigkeit

ihr hängt an einem faden

am mutterkuchen

jeden moment könnt ihr abfallen

wie der zeck der pralle blutegel

wie die faule tomate

ihr wißt jeden moment kann es passieren

panisch hängt ihr an unserem fleisch

saugt ihr solange ihr saugen könnt

solang euch niemand ertappt beim saugen

endlich als sauger erkennt

schnell noch saugen so viel es geht

schnell saugen saugen saugen aussaugen

schon sehen wir euch wie ihr

aus panikaugen zu uns herseht

die wir euch saugen sehen

und euch bald zerschmettern werden

wie einen lästigen zeck herausreißen und zermalmen

da fangt ihr an zu flennen

eigentlich sind wir nicht zynisch das schlechte gewissen

es überholt uns wir haben es unkenntlich gemacht

weil es uns verrät es geht nicht mehr anders

wir sind losgelöst von der welt

es gibt kein zurück mehr

wir kennen nur eine künstliche welt

wir sind verflucht keine körper kein fleisch zu haben

verflucht zu schmarotzen und wir wissen es

verflucht zur flucht

können nicht zu euch hin

leben in den lüften

nur noch lügen können wir

lügen lügen lügen

heucheln bis zum geht nicht mehr

und dann zittern zappeln zähneklappern

bitte laßt uns leben

 

 

Ich hatte bis zuletzt gehofft

Du überlegst es dir anders

Und würdest nicht gehen

Ich vermied es anzusprechen

Hoffte du würdest selbst merken

Daß du gegen dich entscheidest

Wenn du gehst

Diese hoffnung war vergeblich

Beruhte auf einer fehlinformation

Jetzt bist du weg

Gegangen

Und hast mich verlassen

Es war alles einbildung grundlose hoffnung

Ich kann es immer noch nicht fassen

Und werde es mein leben lang nicht

Wie so etwas nur möglich ist

Wie ein liebender mensch

Verlassen werden kann

Nie werde ich es begreifen

Es stimmt etwas abgrundtief nicht daran

Immer bilde ich mir ein

Daß es unmöglich ist

Daß alles gut wird am ende

Aber ich werde eines besseren belehrt

Diese liebe ist vergebens

Sie wird nicht erwidert

Am ende gehst du doch weg

Und läßt mich allein

Und meine liebe

Stirbt ab in mir

Und will nicht sterben

Aber sie kann allein nicht leben

Sie braucht dich

Und du bist weg

 

zigeuner

 

ich sah dich auf dem s-bahnsteig

dein töchterlein spielte

auf deinem arm du ließest sie

nicht einen augenblick von dir

sie griff in dein langes schwarzes haar

strich es fühlte es spürte es

fand es wunderschön konnte nicht

genug haben von dieser sensation

zwischen ihrer hand

und deinem haar hielt sich daran fest

vergötterte dich und du

küßtest sie mitten ins gesicht

immer wieder liebkostest du sie

und sie dich ihr wart

wie zwei verliebte

 

du standes da mit deiner sippe

fremdlinge nirgends zu hause

in einem grellen trainingsanzug

für euch balkaner entworfen

so wie ihr ihn sicher toll fandet

da ihr dazugehören wolltet

zu uns reichen westlern und tatsächlich

standen um dich herum

diese armen schlucker

in ihren trainingsanzügen

die das toll fanden sich nur fragten

ob hier was nicht stimme als sie

dich in deinem trainingsanzug sahen

bunter und besser als sie das war ihnen

peinlich so war das nicht gedacht irgend etwas

stimmte hier nicht

 

wir stiegen ein

ich suchte eure nähe

ich der letzte deutsche

du stauntest daß es so was gibt

sahst wie ich mich an euch erfreute

 

ich suchte dich und dein töchterlein

wie ihr euch weiter herztet

deine frau war verroht und häßlich

sie hing an dir wie der goldene ring

an deinem finger sie streichelte ihn

deinen größten schlosset ihr aus

er zog sich zurück

zu seiner spieldose

und lauschte einer unserer weisen

laß es schubert gewesen sein

nun wanderte er ein zu uns

unsere sanfte kultur gefiel ihm

dein jüngster saß friedlich im kinderwagen den ihr

von unserem müll genommen haben möget

er schlief ein sein zartes gesicht

fiel auf ausrangierten schmutzigen stoff

und auf deinem schoß dein liebling deine

allersüßeste

sie war von deiner schönheit

auch von dem was einst die mutter war

gottes antlitz immer noch

schenkte sie dir ihre liebe

streichelte dein gesicht dein haar

 

unsere warmen offenen hellen augen trafen sich

begegneten sich durchdrangen sich

du fühltest wie ich euch liebte

du fühltest daß nur wir drei würde

und leben in uns hatten unter all den halbtoten

die ernstlich dachten und verängstigt waren jeden moment

spring ich auf euch an die kehle die was von sinti

und roma faselten und daß ihr doch

sie hatten die stirn

auch menschen seiet

sie jedenfalls waren keine

und sich euch aus unbekanntem grunde

anschleimten wie falsche gummifuffziger

dann einen von euch zum manne nahmen

einen rom den ihr so nervtet

mit eurer unendlichen dämlichkeit

weltfremdheit verdrehtheit überheblichkeit

daß er euch ein langes scharfes messer

reinrammte

ich war ratlos

wußte nicht mehr was ich von euch halten sollte

wieder einmal hatte ich keinen begriff

wußte nicht mehr was ich fühlte

angesichts eures elends

ob ihr mir jetzt leid tatet oder

ich euren tod feierte

als wiedergeburt unseres volkes

 

 

meine bescheidenheit spiegelte

den stand der tatsachen wider

meine bilder verdeckten

das notwendige

meine großfressigkeit

war gefrößig

und maßlos

ich stand zu ihr

was mich umhaute

war nur deine forderung

nach mehr davon

 

 

ich kann nichts tun

alles wird zuviel

überalle unordnung unerledigte dinge

dort müßte ich etwas tun und dort

ich krieg nicht mal den rechner an

ich greife zu stift und papier das schaff ich

der fernseher hilft mir auch den krieg ich noch an

aus dem fernseher dringt etwas wie leben

aus einem kleinen loch dringt die welt auf mich ein

wie ein kegel bewegt sie sich auf mich zu

die dinge liegen außerhalb des kegels

unerledigt unordentlich warten auf mich

ich kann mich nicht auf sie zubewegen

ich kann nichts tun nichts

will ich eigentlich was tun ich weiß es nicht

einerseits ja ich will und muß

eine anzahl dinge erledigen

andererseits nein ich hab keine lust dazu

ich möchte gern eine anzahl dinge tun

doch ich kann es nicht

alles liegt um mich herum

ich muß es zusammenkriegen

ordnung schaffen es wird sehr schwer

wo ist meine brille wo hab ich sie hingetan

ich würde die kraft aufbringen sie zu suchen

doch dazu müßte ich wissen wo anzufangen

ich bin mir nicht sicher ob ich am leben teilehmen will

ich würde gern dies und jenes tun

bin mir aber nicht sicher

ich kann nichts tun ich bleib wie kleben

in meinem sessel um mich die dinge

warten auf mich erledigt zu werden

 

 

habe ich ein recht zu leben

wenn ich vorher tot war

auf wiedergeburt

darf ich auspacken

gewiß sieht der besser aus

der immer im leben war

 

 

ich möchte eintauchen

in das gesicht einer frau

möchte jeden zug einer schönen frau

so lange bewundern wie ich will

 

ich bin ein tier

kann alle menschlichen dinge

so überaus schätzen

schon zwei töne in ihrem zusammenklang

geschweige denn die wunder der technik

 

ich muß mich vollfressen

sonst strömen die dinge in mich hinein

mich bekennen zu dem was ich tue

auch wenn ich unzufrieden

oder unsicher bin oder sogar weiß

daß es unecht ist

 

 

Fernando leg jetzt die feder weg

laß alles liegen geh runter auf den boden

leg dich nur noch hin wölz dich

schüttel dich wirf alles ab

schüttle alles ab

schrei nur noch wölz dich

sagt jetzt alles

indem du schreist

alles in einem schrei

geh jetzt weg von den versen

laß sie stehn

oder nicht

laß jetzt alles gehn

du warst mutig

doch jetzt laß alles fallen

stammele wirf ab

schüttle alles ab

komm auf den grund

der unendlichen freiheit

 

ich weiß nicht wen walt whitman

gegrüßt hatte aber du grüßtest

walt whitman du riefest:

Ich grüße dich walt whitman

und jetzt darfst du drei mal raten

dort wo du jetzt bist und nicht bist

wen ich grüße?

Fernando sei gegrüßt alte schwuchtel!

 

 

Ich & die Sprache

 

Als ich anfing

fing auch die sprache an zu leben

die worte kamen vom himmel herab

auf mich zu

die wendungen aus der versenkung

sie waren so richtig

paßten genau auf mich zu mir

nur so war es zu sagen

alles war da vorgeformt

und auch nicht

erst als ich da war

waren sie auch für mich da

es lebte irgendwo

doch brauchte es mein leben

um in mir zu leben

 

 

Rede der Tipse

 

wie mir die deutschen Wörter

von den Fingern gehen

mir abgleiten

von einer sprungschanze

aus den fingerspitzen strahlen

geschmeidig in wellen abtanzen

mit einem anfönglichen schwung

und einem schwönzigen ende

im telemark

wenig fehler

 

wie holpert es und zuckt

es verquer elektrisch

kommen fremdwörter vor

hin und her von erechter hand nach linker

von reihe zu reihe hoch und runter

alles ist deplaziert

muß zusammengeradebrecht werden

zusammengewürfelt aus linkem ring 

und rechtem zeigefinger

viele fehler

 

 

Zweite Haßpredigt

 

Die natur hatte ein erbarmen

schaltete euch ab

ihr merktet nichts mehr

grinstet nur noch selbstzufrieden

 

das gesicht der felißigen babuschka

war zerfurcht wie die russische scholle

da gab es nur liebe, glaube und ehrlichkeit

ihr aber wolltet nicht wahrhaben

daß es die mafia daß es

mörder und faschisten waren

um die ihr herumschwänzeltet

euch war es gleich mit welchem geld

sie euch kauften

ihr hecheltet um jeden fraß...

...

 

 

Wo war es daß

meine seele hing

außer mir in mir

schief diagonal

dem himmel zu

mein fetter wanst ich grüße dich

abgesandter meiner selbst

aus der tiefe ich achte dich

voller geheimnisse aus fernen zeiten

mein krummer rücken

warum grämest du dich

deine mühsal ist groß

du höltst mich gerade

ich danke dir

wir alle gemeinsam werden es schaffen

ich grüße euch seele wanst und rücken

habt vertrauen

ich hau euch raus

 

 

Ich bin euch engeln begegnet

einmal wars 1977

in der u bahn

zwischen senefelder

und alexanderplatz

lange ists her

doch es muß

einmal gesagt werden

 

Du saßest mir gegenüber

blondes glattes langes haar

draußen zog und rumpelte

der bedeutungslose unschuldige

u bahnschacht vorbei

der nichts dafür konnte

daß er jetzt unsere hauptstadt schöndete

 

Und so wie ich an dir vorbeirede

ließ ich dich sitzen

in deiner feierlichen unbewußten ewigen art

in deiner selbstverständlichkeit

geboren für mich

ich kann es nicht vergessen

 

das andere mal

habe ich vergessen

 

zum beispiel in der s bahn

mit für dein alter

ungewöhnlich großen brüsten

lange blonde schmutzige haaren

du höttest sonstwas sein können

auch mit den schmalen lippen

und dieser habicht nase

aber die größe engel

deine größe

und fülle

wie du sie mir im profil präsentiertest

anstatt dich abzuwenden

und mir deine weiche gütige menschlichkeit

von hinten zu zeigen

wie sie für mich geschaffen war

engel

ich weiß ihr seid mir böse

daß ich euch flattern lassen habe

ihr hättet mich verdient

hättet eure rettende mission

an mir vollziehen dürfen sollen

 

und jedesmal wenn ich durch die fasanenstraße komme

muß ich an dich sagenhaften engel denken

ich stand im stau wegen bauarbeiten

und plötzlich schaute die schönheit deines gesichtes

aus der baugrube hervor

wie kam es daß dich der liebe gott

mang die arbeiter geschickt hatte

du lachtest mit ihnen

als seist du eine von ihnen

in all dem sand und staub in deiner arbeitskluft

warst du das schönste und natürlichste wesen

ein engel halt

 

und dann saßest du neben mir

in meiner taxe durch kreuzberg

in gestalt einer rotblonden

das haar mittellang und das gesicht

so rein und schön

und dennoch so bescheiden

gar schüchtern und dein körper schlank

und prall prachtexemplar der germanischen rasse

und so bescheiden

engel ich kann euch nicht vergessen

obwohl ihr nie mein wart

und ich nie euer

sehne ich mich noch immer nach euch¼

und die liebe zu euch zerreißt

mir immer noch das herz

 

 

 

Ich erlaubte mir alles

ohne damit wirklich glücklich zu sein

es war es irgendwie nicht

und gleichzeitig war es es

 

was sollte ich anderes tun

ich brauchte

daß etwas passierte

was danach aussah

 

in dem was passierte

mußte etwas sein

von dem ich der meinung war

daß es es war

 

 

Du erscheinst mir

in deinen langen beinen

im trainingsanzug

und deinem nikki

über den brüsten

wie ich sie von damals kannte

als die lichtgestalt

die du bist

 

meine unschuld

und treffsicherheit

von damals

war hin

doch es machte mir nichts aus

denn du erscheinst mir

in aller unschuld

und eleganten art

und leisen sprache

und der offenheit

und bereitschaft

mich zu verstehen

 

doch du konntest mich nicht

verstehen

in meinem verließ

mit den dicken gitterstäben

die der schmerz waren

und der schrei

wie es im buche steht

und dem verlust der fassung

über die deine leise sprache

hinwegtäuschte

 

 

Die Worte

 

Ich genoß es

so zu dir zu sprechen

denn die welt ging nicht unter

ganz im gegenteil

deine überraschung

und meine überraschung

waren gönzlich undramatisch

die worte gaben sich her

so als hötten sie schon lange darauf gewartet

hötten sich mir schüchtern leise fragend angeboten

und wören glücklich gewesen

um den stolz löchelnden mundwinkeln

jetzt konnten sie zeigen

wie gut sie es mit mir meinten

sie machten sich auf und

legten sich ins zeug

brachten mich ins spiel

zogen mich wie zwölf schlittenhunde

ins geschehen

gehindert nur von den riemen

an der völligen freiheit

 

 

ich lese wie ein alter dichter

einem jungen dichter ins stammbuch schreibt

wie schwer ers noch haben wird als dichter

 

wer ist denn freier als der dichter

wenn er nicht gerade dichter sein will

auch das wußte man früher noch

 

Zauberwort

Die durchgefütterten provokateure

hampelmänner des staates

die sich eifrig bemühen

ihren chefs ans bein zu pinkeln

aber am monatsende brav aus der hand fassen

davon abzulenken daß sie systemhuren sind

sie bräuchten doch nur

das zauberwort zu nennen

es wäre so einfach

falls ihr ernst machen wollt

es stehen so viele zauberwörter bereit

es wäre so einfach

euren herren den fraß vor die füße zu kotzen

 

 

Poesiealbum Teil 3