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AAARGH International. Deutsche Selektion

 

Peter Töpfer: Was ist französischer Revisionismus und warum eignet die nationale Anarchie sich ihn an?

Wir verstehen unter französischem Revisionismus insbesondere die Arbeiten und das Wirken Serge Thions und Pierre Guillaumes, was insofern nicht ganz korrekt ist, als es neben den beiden noch viele andere französische Revisionisten gibt, die sich jedoch qualitativ von den genannten Autoren unterscheiden. Der französische Revisionismus, wie wir ihn hier verstehen und wie er für uns von Bedeutung ist, unterscheidet sich vom Revisionismus anderer Autoren insbesondere dadurch, daß er im Prinzip kein (Geschichts-)Revisionismus ist, d.h. daß sein Schwerpunkt nicht auf der Geschichte, auf der Geschichtsschreibung und deren Revision liegt, sondern auf der Gegenwart. Es ist der Revisionismus von links. Es ist der Revisionismus, der nicht wider Willen aufklärerisch ist, wie es der rechte Revisionismus ist.

Einen wunderschönen Moment erlebte ich, als wir, Andreas Röhler und ich, 1991 den Papst des Revisionismus, Prof. Robert Faurisson (dieser allerdings im hiesigen Verständnis - paradox genug -  kein “französischer Revisionist”) in Vichy besuchen waren, und er uns Briefe von Leuten zeigte, die ihn verehrten und ihm, nach dem unaufhörlichen Streß und dem Mordversuch, Mut machten. Auf vielen dieser Briefe fiel sofort das eingekreiste A der Anarchie auf. Faurisson zeigte uns - ebenfalls zu meiner großen Freude - auch das signierte und ihm dedizierte Monumental-Werk meines französischen Lieblings-Comiczeichners Vuillemin “Auschwitz SS”, und ich wußte: Du bist nicht allein; es gibt tatsächlich noch wirkliche Libertäre auf dieser Welt, wenn sie sich auch in Deutschland sehr dünn gemacht zu haben scheinen...

Revisionismus, wie er hier verstanden wird und der im Grund nichts mit Geschichte zu tun hat, hat auch nichts mit einer Entlastung oder gar Entschuldung von vermeintlichen oder tatsächlichen Verbrechen zu tun. Wir sind im Zusammenhang mit Geschehnissen aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts nicht schuldig und fühlen uns auch nicht im geringsten weder schuldig, noch verantwortlich. Verantwortung für Freiheitsberaubung in der Gegenwart - und wir leben nur in der Gegenwart - tragen allein die, die ihre libertiziden Taten damit rechtfertigen, wir müßten Verantwortung dafür tragen, daß “so etwas nie wieder geschieht”, wobei sie es sind, die just “so etwas”, nämlich Freiheitsberaubung, wenn auch möglicherweise in einem etwas geringerem Ausmaße als im Dritten Reich, geschehen lassen und zu verantworten haben. Verantwortung bedeutet nur, daß der Feind (der Freiheit) klar ausgemacht und bezeichnet wird. Gelingt es uns, unsere Freiheit durchzusetzen, werden wir ihm keine Fragen stellen, keine Antwort von ihm haben wollen, werden wir ihn nicht “zur Verantwortung ziehen”. Wir wollen nur in Ruhe gelassen werden.

Daß wir Deutsche sind, und daß der Revisionismus etwas mit einem etwa zu revidierenden Bild auch der deutschen Geschichte zu tun hat, ist mehr oder weniger Zufall. Das heißt nicht, daß wir da, wo es nötig ist, gern bereit sind, jedem unser Ohr zu leihen, der sich für welche in der Vergangenheit liegenden Taten auch immer schuldig fühlt. Aber auch und gerade ein Umgang mit und eine Verarbeitung von möglicher Schuld (was für uns nicht im Vordergrund steht) setzt Offenheit und Wahrhaftigkeit voraus, die nur in einem Klima des Vertrauens und der Freiheit entstehen können. Revisionismus, wie wir ihn verstehen, heißt Herstellung dieser Freiheit, heißt Kampf um totale Gedanken- und Meinungsfreiheit, gleich, ob es um Schuld, Geschichte... – was auch immer – geht: Freiheit als Selbstzweck, Freiheit um der Freiheit willen, Freiheit als Genuß. Wollt Ihr die totale Meinungsfreiheit? Wenn der Revisionismus verteufelt wird, liegt es daran, daß er ins Herz der Ideologie der heute Herrschenden stößt, und Herrschaft heißt immer Freiheitsberaubung. Schon morgen kann herrschende Ideologie und Kritik an ihr einen ganz anderen Gegenstand haben als es heute die Geschichte des 20. Jahrhunderts und die Judenfrage ist.

Der französische Revisionismus hat zwar seinen Ausgangspunkt in der Auseinandesetzung der radikalen französischen Linken in den 60er Jahren mit den Schriften Paul Rassiniers, also einer kritischen Betrachtung von historischen Bildern mit einem Nexus zur Politik (hier bereits durch den sozialistischen Pazifisten, Widerstandskämpfer und Buchenwald-Häftling Paul Rassinier in der Linken verortet), aber das Interesse der französischen Linksradikalen, aus dem sich später der französische Revisionismus entwickelte, lag – generationsbedingt – nicht so sehr in den Querelen der Zeit vor, während und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg (etwa der Auseindandersetzung Rassiniers mit den Sozialisten in der Frage des Selbstbestimmungsrechts der Völker (u.a. Sudetenfrage), von welchem Prinzip diese in den 30er Jahren abgerückt sind) als vielmehr in der Dekonstruktion der französischen (Algerien) und us-amerikanischen (Vietnam), d.h. überhaupt der westlichen, aber auch – wenngleich bei Thion und Guillaume (da Westeuropäer) weniger prononciert – der sowjetischen imperialistischen Ideologie. Allen, östlichen und westlichen, Imperialismen war bzw. ist noch in ihrer Ideologie gemein, daß sich ihre Daseinsberechtigung und Rechtfertigung aus dem gemeinsamen Kampf gegen das Deutsche Reich unter der Herrschaft der Nationalsozialisten speiste. (Freilich bedient man sich, da die One-World-Armee der Panimperialisten auch und gerade deutsche Soldaten braucht, mehr und mehr neuer, zeitlich begrenzter Feindbilder (“Saisonschurken”) wie Saddam Hussein oder Miloschevitsch. Man hat inzwischen die Nachteile der Überdämonisierung erkannt.)

Europa wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aufgeteilt, die Herrschaftszonen der jeweiligen siegreichen Imperialismen auf das Territorium des Deutschen Reichs ausgedehnt; man teilte sich Deutschland und stand sich an der innerdeutschen Grenze gegenüber; war sich aber – trotz kalten Krieges – darin einig, Deutschland unten zu halten. Die Okkupation Deutschlands als auch das westliche kapitalistisch-imperialistische System als Ganzes mußten gerechtfertigt und der inhumane Charakter des Kapitalismus-Imperialismus verschleiert werden. Es mußte vom unmenschlichen Handeln des westlichen Imperialismus in der Geschichte (Kolonialismus, Kriege, Ausbeutung usw.), aber auch von Kriegs- und Justizverbrechen der Alliierten in den 40er Jahren (Hiroschima, Dresden, Nürnberg usw.) abgelenkt werden, und es mußte der deutsche Feind als Monster und Dämon aufgebaut werden, um mit einer um so weißeren Weste dastehen zu können. Die Leistung des französischen Revisionismus war es, diese Zusammenhänge analysiert und die imperialistische Ideologie in ihrem moralisch-apologetischen Kern gründlich dekonstruiert zu haben.

Eine noch größere Leistung des französischen Revisionismus – und erst hier beginnt er für die nationale Anarchie von wirklichem und substantiellem Interesse zu sein – lag und liegt einerseits im konsequenten und radikalen Kampf um die Meinungsfreiheit und andererseits in der Kritik und Dekonstruktion der Positionen, die die Abschaffung der Meinungsfreiheit in Westeuropa rechtfertigen. Diese Abschaffung wird vor allem von linken, eigentlich in der Tradition der Aufklärung stehenden, und liberalen Kräften betrieben, die damit einen grundsätzlichen anthropologischen Pessimismus, die Hohlheit ihres Aufklärungsethos und ihren Rückfall in Dämonenglauben unter Beweis stellen. Die Revisionisten verlassen hier das Feld der Imperialismuskritik, steigen eine Etage tiefer und betreten das Kampffeld gegen das patriarchalisch-autoritäre, lebensfeindliche System, zu dessen Parteigängern und Apologeten jene ehemaligen Aufklärer wurden. Die Frage lautet: Darf es Wissenschaftsfreiheit geben, oder kann die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Meinung die Entfesselung eines “Bösen” bedeuten? Liegt am Grunde von Denken, Wissen und Forschen das “Schlechte” der Welt und des Menschen, oder hält die Menschheit einer radikalen Prüfung ihrer selbst stand? Wenn das Schlechte am Grunde der Menschheit liegt: Warum nicht darüber sprechen? Sollte die Meinungsfreiheit nicht eine Selbstverständlichkeit und ein Attribut der Menschheit sein wie die Luft zum Atmen? Können wir ein gewisses Maß Vertrauen in die Menschheit haben oder nicht? Wir stoßen auf die anthropologische Fragestellung nach den Gründen von Unfreiheit und Unterdrückung, zu deren Vertretern sich ausgerechnet (Ex-)Aufklärer aufgeschwungen haben, und der freiwilligen Knechtschaft der Menschen, des Duldens und Hinnehmens der obrigkeitlichen Freiheitseinschränkung. Die französischen Revisionisten attackieren “Freidenker”, die nicht frei denken können und sich an der Verfolgung Anders- bzw. “Falschdenkender” beteiligen. Sie attackieren das vorläufig letzte Heiligtum, vor dem alle zittern, und das keiner wagt, kritisch und vernünftig zu betrachten. Dabei legen sie den Blick frei auf die Grenzen der bisherigen (rationalistischen) Aufklärung und die Gründe für deren Scheitern und auf die Entstehungsmechanismen der allgemeinen Freiheitsunfähigkeit; sie liefern ihrerseits Bausteine zu einer neuen, erweiterten, transrationalistischen Aufklärung, der sich die nationale Anarchie verpflichtet fühlt. Das Wirken des französischen Revisionismus provoziert eine klare Stellungnahme hinsichtlich der Ernsthaftigkeit des aufklärerischen Anspruchs (die Gaskammerfrage ist der Prüfstein) und denunziert den Verrat an den Prinzipien der Aufklärung durch westliche Intellektuelle. Es werden die schwerwiegenden emotionalen Verkrüppelungen, Verklemmungen und Einschränkungen sichtbar (Angst, Feigheit, Masochismus auf der Seite der Schafe; Gier und Sadismus auf der Seite der Pastoren), die die Menschen in Ketten legen. Der französische Revisionismus knüpft in vornehmster Weise an die radikale französische Aufklärung (de la Boetie, de la Mettrie) an, die ihrerseits von den Pseudoaufklärern und “Freidenkern” der damaligen Zeit – Diderot, Lessing et al. – bekämpft wurden (siehe hierzu http://www.lsr-projekt.de).

Mit Aufkommen des Revisionismus stürzte die Linke in ein Dilemma und direkt vor die Frage: links bleiben oder reaktionär werden? Bislang haben sich nur sehr wenige (Leggewie/Meier, Chomsky, Jean-Gabriel Cohn-Bendit) klar für Ersteres entschieden, andere (die habituellen und notorischen Feiglinge) ziehen eine Vogel-Strauß-Politik vor, und wiederum andere sind offen ins Lage der Reaktion übergelaufen (Jürgen Elsässer, Wiglaf Droste).

Obwohl die Geschichte und insbesondere die Geschichte des Zweiten Weltkrieges und die Gaskammerfrage nicht im Mittelpunkt steht, sondern die Frage, warum die historische Forschung weltweit eingeschränkt wird, haben wir die Abteilung dennoch “französischer Revisionismus” genannt, weil wir uns nicht im Abstrakten verlieren und die Aktion in den Vordergrund stellen wollen. Nur im Konkreten können wir das Emotionale erreichen; die Gaskammerfrage ist der notwendige Einbruch ins Emotionale, der den Hebel darstellt, der der verlogenen Zivilisation ein Ende bereiten wird. Es gibt am Anfang des 21. Jahrhunderts ein universelles Heiligtum. Dieses Heiligtum zu zerstören, kann nie Aufgabe der Ratio sein. Es werden Brennöfen (primal boxes) vonnöten sein, in denen die Gläubigen mittels Signal- und Reizwörter zum Irrsinn provoziert, aufgepeitscht und hysterisiert, und Engramme und Mythen tief aus dem Emotionalen eingeschmolzen werden, auf daß sich die Reihen der agnostischen Front verstärken. Denn nur mit anderen Freien können wir frei sein. Die Meinungsfreiheit ist der süße Vorgeschmack der Anarchie.

Der Kampf um Meinungsfreiheit ist der Kampf gegen das patriarchalische Unterdrückungs- und Todessystem. Er hat heute einen konkreten Namen: Revisionismus.

[Siehe auch: “Auschwitz, das Ende und die Fortführung der Aufklärung”]

 

[Noch eine Bemerkung zur Text- und Seiten-Technik: Bei den zahlreichen Hausdurchsuchungen bei den Mitarbeitern des Verlages der Freunde, in dem die Zeitschrift Sleipnir erschien und erscheint, aus deren Ausgaben die Texte auf dieser Seite stammen, wurden neben ganzen LKW-Ladungen diverser, mit den Vorwürfen in keiner Beziehung stehender, Gegenstände auch nahezu alle bis dahin erschienen Ausgaben von Sleipnir beschlagnahmt. Die Hefte mußten zum Einlesen neu besorgt, d.h. ausgeborgt und wieder zurückgegeben werden, stehen nun nicht mehr für mögliche Korrekturen zur Verfügung. Es sei darauf aufmerksam gemacht, daß die hier stehenden Texten von den Originalen abweichen können. (Insbesondere dürften einige Anmerkungen fehlen.) Doch besteht die berechtigte Hoffnung, daß die beschlagnahmten Exemplare Sleipnir demnächst wieder in unserem Besitz sein werden und die originalen Texte hundertprozentig wiederhergestellt werden können, sind doch inzwischen einige Verfahren eingestellt, bereits einige der beschlagnahmten Sachen zurückgegeben und auch uns erwachsene Schäden vom Gericht anerkannt worden (in der Sache 81 Js 1234/98 laufen momentan die Entschädigungs-“Verhandlungen”).]