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Wilhelm Reich: Die Bedeutung der Gegenwahrheit (aus: Christusmord, Walter-Verlag Olten und Freiburg im Breisgau 21979, übersetzt aus dem Amerikanischen von Bernd A. Laska)

[kursive Hervorhebung und solche durch GROSSBUCHSTABEN von Wilhelm Reich.; fette Hervorhebung von nA]

Um den Führer verstehen zu können, muß man erst die Geführten verstanden haben. Um den Feind schlagen zu können, muß man erst seine Stärke erkannt und eine vernünftige Erklärung für sie gefunden haben. Um voll verstehen zu können, warum die Schwarzen bzw. Roten Faschisten eine solche Macht über Millionenmassen ganz normaler Menschen ausüben, ist es notwendig, die Menschen zu verstehen. Aus solchen Überlegungen heraus entstand etwa um das Jahr 1930 die orgonomische Erforschung des Faschismus als «Massenpsychologie».

Um das Instrument der Wahrheit wirksam einsetzen zu können, muß man die jeweilige GEGENWAHRHEIT sehr gut kennen. Das Problem ist nicht, warum es eine Wahrheit über die Dinge gibt, sondern, warum sich diese Wahrheit nicht durchsetzen kann. Wenn trotz aller bekannter Wahrheit und allen Friedenspredigens die Lügner, Betrüger und Schwätzer in so übergroßem Ausmaß die Szene beherrschen, muß es etwas sehr Mächtiges geben, das die Wahrheit niederhält. Es kann nicht die Lüge selbst sein, denn Lügen überdauern gewöhnlich nicht lange. Es muß irgendeine entscheidende Wahrheit unterschiedlicher Art geben, die die Durchsetzung der eigentlichen Wahrheit verhindert. Wir nennen sie die GEGENWAHRHEIT

Eine Frau, die neben ihrem Ehemann einen Liebhaber hat, lebt damit eine wichtige Wahrheit. Die Ehe ist zerrüttet, oder der Ehemann behandelt sie schlecht, oder er ist impotent, oder er paßt eben nicht zu ihr, obwohl er in anderer Hinsicht ein wichtiger Mann sein mag. Das Leben ist reich, zu reich, als daß es in mittelalterliche Zwangsjacken gepreßt werden könnte. Doch diese Frau lebt die Wahrheit nicht ohne Lüge. In diesem Fall verdeckt die Lüge eine schwerwiegende Gegenwahrheit: Wenn der Ehemann davon wüßte, würde er sie, ihren Liebhaber oder beide töten. Niemandem wäre damit gedient. In diesem Fall ist die Gegenwahrheit unter dem Gesichtspunkt, daß die Wahrheit nicht offen auftreten kann, stärker als die Wahrheit.

Zur Zeit der Konferenzen von Teheran und Jalta gab es entscheidende Gründe, NICHT die Wahrheit über die bevorstehende Täuschung der Amerikaner durch die Roten Faschisten zu sagen. In diesem Fall bestand die Gegenwahrheit im Zwang zu einem Bündnis mit den Roten Faschisten zur Verteidigung gegen die Schwarzen Faschisten.

Königliche Repräsentanten eines Volkes sind strikt gehalten, keine Wahrheiten zu sagen, abseits von der Wahrheit zu bleiben, ehrliche aber peinliche Probleme zu vermeiden, sich an leere Formalitäten zu halten und ja nicht abzuweichen Von – JA, VON WAS??? Von den guten Sitten? Was sind gute Sitten und wozu gibt es sie? Gutes Benehmen? Ist striktes Ausweichen vor der Wahrheit gutes Benehmen? Mit Rücksicht auf die Öffentlichkeit? Warum weicht die Öffentlichkeit der Wahrheit aus? Warum wird ein Mann, der eine einfache Wahrheit sagt, zum Helden? Weil die Masse der Menschen aus Feiglingen besteht? Warum besteht die Masse der Menschen aus Feiglingen, wenn es darum geht, eine Wahrheit auszusprechen?

Es gibt entscheidende GEGENWAHRHEITEN, die gegen das Vordringen der Wahrheit zu schützen sind. Bevor wir das Rationale in der Gegenwahrheit untersuchen, wollen wir uns einen Überblick über ihren Wirkungsbereich verschaffen:

Dem jüdischen Volk war es nicht erlaubt, das Allerheiligste des Tempels zu betreten. Warum? Würde man nicht erwarten, daß man das Volk jeden Tag das Heilige berühren lassen würde, um es auf eine höhere Stufe zu heben? Das war aber nicht der Fall. Es muß einen sehr wichtigen Grund dafür geben, das Volk vom Allerheiligsten der Wahrheit fernzuhalten.

Die kosmische Energie, die alles durchdringt und auch in den Sinnen und Gefühlen der Forscher und Denker wirksam ist, wurde nie in einer konkreten Weise erfaßt. Das ist um so erstaunlicher, als ihre Funktionen sehr einfach und leicht zu beobachten sind, so z.B.: das Flimmern am Himmel; das Flackern der Sterne in klaren Nächten und das Aufhören dieses Flackerns, wenn Regenwetter bevorsteht; das Energiefeld lebendiger Körper und das Entschwinden dieses Feldes beim Vorgang des Sterbens; die graublauen Schwaden und kleinen Lichtblitze in «völliger Dunkelheit»; die Hüllen der Himmelskörper; die kleinen Bläschen bei zerfallendem Körpergewebe. Doch diese Funktionen wurden, obwohl sehr leicht zu beobachten, in den fünfundzwanzig Jahrhunderten, in denen sich der Mensch mit der Natur befaßte, nie berührt. Und als dann endlich die kosmische Orgonenergie auf praktische Art entdeckt worden war, gab es großen Aufruhr, aufgeregtes Hin und Her und lautes Geschrei; aber jahrelang gab es niemanden, der sich mit dem Akkumulator befaßte oder durch das Mikroskop schaute. Warum wich man so sehr vor dem Offensichtlichen zurück? Warum bedarf es der Genies, um das Offensichtliche zu entdecken?

Die Waffe der Wahrheit erfordert, daß Fragen unabhängig davon gestellt werden, ob sie gern gesehen sind oder nicht, und ohne Rücksicht auf die zu erwartenden Folgen. Wenn dein erbittertster Feind Unwahrheiten vorbringt, mußt du diese Unwahrheiten erkennen. Wenn er Wahrheiten vorbringt, mußt du auch diese erkennen, ganz gleich wie schmerzlich das für dich sein mag.

Die Wahrheit deines Feindes ist die Gegenwahrheit zu deiner eigenen Wahrheit. Wenn der Feind deiner Wahrheit die Wahrheit spricht, dann ist bei deiner eigenen Wahrheit etwas falsch, unausgereift oder unvollständig. Bevor die Morde Hitlers voll verstanden werden konnten, mußte die Wahrheit, die er über Marxisten, Juden, Liberale und die Weimarer Republik gesagt hatte, erkannt werden. Das Erkennen seiner Wahrheit, d.h. der eigenen Gegenwahrheit, war entscheidend, um den nächsten Schritt machen zu können, zu fragen: «Wie ist es möglich, daß ein Hitler überhaupt so weit aufsteigen konnte? Wie können siebzig Millionen Deutsche, relativ gut unterrichtete und hart arbeitende Menschen, sich von einem eindeutigen Psychopathen in einen solchen Alptraum führen lassen? Ohne eine solche Fragestellung konnte man auch keine Antwort erhalten. Hitler vertrat ganz klar eine Gegenwahrheit.

Die Antwort auf Hitler wurde in der Charakterstruktur der breiten Masse gefunden, die seine Morde möglich machte. Es war das Volk, das Hitler hochbrachte, und nicht Hitler, der das Volk unterdrückte. Ohne Hitlerismus oder Stalinismus im Volk hätte es keinen Hitler oder Stalin geben können. Das war die Gegenwahrheit von 1932. Sie wurde das Fundament, auf dem ein ganz neues Wissensgebiet errichtet wurde, die Wissenschaft der orgonomischen «Massenpsychologie», die sich mit folgenden Problemen befaßt: die Rolle der autoritären Familie, die Angst vor der Freiheit in den Menschen selbst, die strukturelle Unfähigkeit zu Freiheit und Selbstregulierung, die pornographische und im Prinzip sadistische Struktur der «mittleren Schicht» des menschlichen Charakters.

Und aus all dem folgte... DIE ABGRENZUNG DES BIOENERGETISCHEN KERNS UND DER PRIMÄREN BEDÜRFNISSE DES MENSCHEN. Es war also eine Wahrheit, die von einem Biopathen unter der Maske eines Nationalhelden ausgesprochen wurde, die zu grundsätzlich neuen Antworten, zu neuen Wahrheiten, geführt hat.

Am Anfang einer neuen Entwicklung ist die Gegenwahrheit oft bedeutender als die Wahrheit. Je besser die Gegenwahrheit erfaßt worden ist, desto fester und solider wird die Wahrheit selbst sein. Und um die Gegenwahrheit zu finden, muß man in der Lage sein, den advocatus diaboli zu spielen, sich mit dem Feind zu identifizieren, so zu empfinden wie der Lump.

Wäre es der frühen Sexualökonomie Ende der zwanziger Jahre gelungen, eine Massenbewegung auf “Sexual-POLITISCHER” Grundlage voll zu entwickeln, so wäre damit eine der schwersten Katastrophen in der Geschichte der Menschheit eingeleitet worden; nicht deshalb, weil das, was zu dieser Zeit öffentlich gesagt wurde, nicht die Wahrheit gewesen wäre, sondern weil es nicht die VOLLE Wahrheit war, die immer die Gegenwahrheit mit einschließt. Und die Gegenwahrheit war in diesem Fall: Die genitale Unterdrückung der Kleinkinder und Jugendlichen war notwendig; wäre sie fortgefallen, so hätte sich das fatal ausgewirkt, denn diese Kinder und Jugendlichen mußten sich an eine soziale Struktur anpassen, die die Panzerung gegen emotionale Freiheit ERFORDERTE. Ungepanzerte Kinder hätten um das Jahr 1930 in keiner Gesellschaftsordnung dieses Planeten existieren können. Deshalb konnte die Wahrheit über die schädlichen Folgen der Panzerung von Kindern und Jugendlichen zu dieser Zeit nicht die Oberhand gewinnen. Diese Wahrheit konnte so, wie sie damals formuliert wurde - also ohne die Kenntnis der Gegenwahrheit, die ihr den Weg versperrte - überhaupt nicht entsprechend ihren eigenen Absichten und Zwecken wirksam werden.

Dies bedeutet in der Tat, den advocatus diaboli zu spielen. Manchmal ist die Gegenwahrheit viel grausamer, als es die Wahrheit je sein könnte; sie ist jedoch auch ergiebiger in Hinsicht auf die schließliche Verwirklichung der Wahrheit:

Theoretisch gesehen ist die sexualökonomische Selbstregulierung «perfekt», viel besser, sauberer, beständiger, solider und ehrlicher als moralische Regulierung. Dies ist in der Praxis durch viele Fälle im lebendigen Leben bewiesen worden. Der genital befriedigte Mensch wird nicht von schmutzigen, pornographischen Gedanken und Träumen geplagt. Er ist frei von Impulsen, jemanden zu vergewaltigen oder gegen dessen Willen zu verführen. Vergewaltigung und Perversion jeglicher Art liegen ihm völlig fern. Es ist der voll entwickelte genitale Charakter, der in Wahrheit die moralischen Gesetze des Christentums und jeder anderen echten religiösen Ethik erfüllt.

 

[Einige Zitate aus anderen Kapiteln des “Christusmordes” von Wilhelm Reich:]

Wahrheit bedeutet, daß man seine eigene Wahrheit als unterschiedlich zu der der Anderen erkennt. (S. 302/303)

Jedoch ist in allem, was Menschen verkünden, ein gewisser Wahrheitskern. (S. 309)

Es gibt keine absolute Wahrheit, genauso wie es keine zwei völlig gleichen Gesichter gibt. (S. 310)

Die Wahrheit ist die mächtigste Waffe, über die das Leben verfügt. Wer eine Waffe gebraucht, muß wissen, wer sein Feind ist. Die Waffe der Wahrheit ist gegen die Feinde des Lebens anzuwenden. Ein Gewehr kann sowohl gegen den Freund als auch gegen den Feind gebraucht werden. Wahrheit als Waffe kann nicht gegen sich selbst angewandt werden. (S. 326)

Es gibt nur eine, allgemein gültige Regel, wie man die eigene, besondere Wahrheit finden kann: Lernen, geduldig in sich hineinzuhorchen und sich so Gelegenheit geben, den eigenen Weg zu finden, der zu einem selbst und zu niemandem sonst gehört. Dies führt nicht ins Chaos oder in wilden Anarchismus, sondern letztlich in den Bereich, wo die gemeinsame Wahrheit für alle verwurzelt ist. Die Wege dort hin sind vielfältig, keiner gleicht dem anderen. Die Quelle, aus der der Saft der Wahrheit strömt, ist allen Lebewesen, weit über das Menschentier hinaus, gemein. Dies muß so sein, weil alle Wahrheit eine Funktion lebendigen Lebens ist und weil das lebendige Leben in allem, was sich pulsierend bewegt, grundsätzlich gleich ist. Daher sind auch die grundlegenden Wahrheiten in allen Lehren der Menschheit die gleichen; sie laufen alle auf das Eine hinaus: den eigenen Weg zu finden zu dem, was man fühlt, wenn man liebt oder schöpferisch tätig ist, wenn man sich sein Haus baut, wenn man seine Kinder zur Welt bringt oder nachts zu den Sternen schaut. (S. 311/312)

Wenn wir auch nicht ganz mit der Forderung einverstanden sind, unsere Feinde zu lieben, so können wir doch bereitwillig zugeben, daß “Liebet eure Feinde!” soviel bedeutet wie “Versteht die Motive eurer Feinde!” Nicht einer der führenden Politiker Deutschlands hatte vor dem Aufstieg Hitlers dessen Botschaft wirklich genau gelesen. So quatschten sie immer weiter davon, er sei ein “gekaufter Lakai der Bourgeoisie”. Das im Irrationalen versteckte Rationale zu erkennen, ist Merkmal eines wahrheitsgemäßen Lebens, d.h. der vollen, lebendigen Wahrnehmung der eigenen Lebensbedingungen. Nur die stupide Selbstgerechtigkeit des Freiheitskrämers bringt es fertig, sich selbst für völlig gut und den Feind für völlig böse zu halten. Auch in den fürchterlichsten Ereignissen steckt noch ein rationaler Kern. (S. 304)

Sie reden nichts anderes als Wortleichen, und sie denken nichts als Gedankenleichen. (S. 152)

Sie zerstören deine Ideen mit vielen verwirrenden Worten und mit nichtssagenden, gelehrten Spitzfindigkeiten. Wenn sie deine Ideen nicht auslöschen, ziehen sie sie in einen talmudischen Dreck. (S. 232)

Das Leben kennt seiner Natur keine Grenzen, keine Zollschranken, keine nationalen Einschränkungen und keine Rassenvorurteile. Es ist wahrhaftig das Höchste im kosmischen Sinn, so, wie der Christ sich den Herrn als das Höchste im kosmischen Sinn vorstellt. Aber das Leben lebt auf seine eigene Art, und es zwingt niemanden, nach dieser Art zu leben. Es mischt sich nicht in Dinge ein, die es nichts angehen. (S. 341)

Der Feind ist die ansteckende Fäulnis selbst, egal wo man sie findet, und nicht eine bestimmte Gruppe, Nation, Rasse oder Klasse. (S. 328)

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