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Peter Töpfer: Christoph Schlingensiefs “2. Internationaler Kameradschaftsabend” an der Volksbühne Ostberlin

fing bei mir damit an, daß ich, kaum das Foyer der Volksbühne betreten, von postierten “antifaschistischen” Spähern sofort erkannt und im Auge behalten wurde: der bestmögliche Beginn eines Kameradschaftsabends. Ich rutsche die Schlange an der Kasse langsam voran, da kommt irgendwoher das Kommando, auf mich zuzugehen, mich “zu stellen”, mich vor den Anwesenden “zu outen” (eine bessere Reklame war tatsächlich nicht drin): vier “Antifaschisten”, männlichen Geschlechts, etwa 25 Jahre alt. “Na, Kamerad Töpfer!” – “Prima, daß Ihr mich als ‚Kamerad‘ ansprecht! Ich wußte noch gar nicht, daß Ihr auch langsam so weit seid zu begreifen, daß wir Kameraden sind. Aber um so besser!”, oder so ähnlich beginnt unsere Unterhaltung. Den Rest krieg ich nicht mehr hin, da es – was Wunder! – ziemlich aufgeregt zuging. Auch ’ne Art Grenzerfahrung, Sekunden werden zu Minuten. Was sie mir mit dem “Kameraden” sagen wollten, ist – wie sich später herausstellte – ungefähr folgendes: Du tust zwar so von wegen kritisch, aber Du gehörst doch immer noch zu den “Kameraden”, sprich: den Nazis. Bei diesem Tenor blieb es die ganzen etwa 10 Minuten unseres “Gespräches”. Nur die Gesichter verrieten eine Art Nachdenklichkeit und Unsicherheit. Offenbar scheinen die Antifas meine Position so zu interpretieren, daß ich aus dem nationalen Lager ausgestiegen bin. Nun wundern sie sich aber gleichzeitig, warum ich auf Demos des nationalen Widerstandes nach wie vor zu sehen bin. Ich konnte mich nicht des Eindrucks erwehren, daß sie mich als einen der ihren betrachten. Nur scheinen sie von mir zu erwarten, daß ich sozusagen abschwöre. Es war jedenfalls das Einzige, was sie immer wieder vorbrachten: Ich arbeite doch immer noch mit Sleipnir zusammen, sei immer noch ein “Holokost-Leugner” usw. Auf alles antwortete ich etwa: “Natürlich, eben weil ich Antifaschist bin!” Aber all dies kam nur von einem; die anderen schienen nur ihre Pflicht zu tun; doch dazu später. Die Unterhaltung war sehr erregend, anregend, und ich schlug – wie immer – vor, die Unterhaltung entsprechend aus der Volksbühne in eine Kneipe zu verlagern, wo wir mehr Ruhe und Zeit hätten, uns zu unterhalten. Das Problem bei dieser Art Diskussion, die zwar geführt wird, aber von einer Seite eigentlich unfreiwillig, obwohl sie sie ja erst der anderen Seite, also mir, aufzwingt, ist, wie man die andere Seite dazu bringt, die Diskussion, die ja nun mal stattfindet, als solche anzuerkennen. Nein!, das wolle man auf gar keinen Fall, man wolle mir nur auf die Schnauze hauen; ich solle von Glück reden, daß die Bullen da sind, sonst hätten sie mich längst schon zusammengelegt. Aber warum dann die ganzen Fragen? (Ob ich in Rostock gewesen wäre, ob ich bei der Schwerdt-Demo gewesen wäre, ob ich noch bei Sleipnir mitmache etc.) Sie sprachen doch mit mir! Und wie sie auf mich einsprachen! Sie schienen es auch zu genießen. So wie ich. Es war eine sehr anregende Unterhaltung. Einer der Antifas – ich nenne ihn “der Naive”: etwas rundlich, dunkelhaarig, kurzer dunkler Vollbart – schien etwas langsam zu begreifen. Nach einer Weile wollte er immer noch wissen und kam noch oft darauf zurück, warum ich verleugnen wollte, daß ich ich sei. Es war schwierig, ihm klarzumachen, daß ich keineswegs behaupten wollte, nicht ich zu sein. Ich kam mir langsam vor wie bei Dick & Doof. Er hatte sich in den Kopf gesetzt und schien sich daran zu weiden, daß ich aus Angst meine Identität verbergen wolle. Ich hätte mich lieber den anderen drei Kameraden gewidmet, mit denen die Kommunikation unterhaltsamer war und interessante Punkte berührte. Aber einer – von ziemlich kleinem Wuchs, gräuliche, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundene Haare, Brille – drängte sich immer vor: ausgerechnet der, mit dem inhaltlich am wenigsten anzufangen war und der auch der am wenigsten Intelligente von allen war. Er zeichnete sich durch alleiniges Ablassen von Phrasen aus, während die anderen wenigstens ansatzweise mit Gedanken konterten; der Pferdeschwanzträger überdeckte das mit seinen einstudierten Sätzen und Drohungen; er war mit Abstand der Aktivste, während die anderen ziemlich nachdenklich wirkten. (Ich sprach zu diesem Zeitpunkt von Lagern, in die wir, wenn es so weiterginge, eines Tages gemeinsamen eingeliefert werden würden, ohne zu wissen, daß “Lager” das Thema des Abends sein würde.) Er schien es zu genießen, all das vorbringen zu können, was er über mich weiß. Es lag etwas Triumphierendes in seiner Art: Kuckt mal, was ich alles weiß! Ich bin sehr gut informiert. War er natürlich nicht. Was er wußte, waren nur Äußerlichkeiten. Er schien “Verfassungsschutzberichte” und ähnlichen Quatsch auswendig gelernt zu haben.

Nun aber plötzlich wurde es richtig interessant, denn Wiglaf Droste (http://www.wiglafdroste.de/), der einige Meter hinter mir in der Schlange stand, hatte wohl das Geschehen verfolgt und wurde nun von einer Partei – war ich es oder waren es die Antifas: ich weiß es nicht mehr – entdeckt und in die Unterhaltung hineingezogen. Hatte ich ihn angesprochen, um entlastet zu werden, um die Angriffsfläche zu erweitern? Denn mir war klar, daß sie auf ihn losgehen werden. Ich weiß, daß er bei der Antifa nicht gerade beliebt ist; er selbst hatte mir bei der ersten Mahler-Montagsdemo am Anhalter Bahnhof vorwurfsvoll erzählt, wie ihn Antifas bereits verkloppt hätten: Er hielt mich damals noch für einen Antifascho, und meine Nähe war ihm sichtlich unangenehm. Als ich mich zu erkennen gab, schien er nicht minder skeptisch. Wie auch immer: Mir konnte es jetzt nur recht sein, daß sich die Antifaschos prompt, genau nach meiner Berechnung, wie Pawlow’sche Hunde – verbal – auf ihn stürzten: “Na Wiglaf, alter Fascho [o.s.ä.], Du also auch hier?!” oder so ging die Attacke, after the Motto: “Du darfst natürlich heute abend hier nicht fehlen!” (Wiglaf, verzeih, auch wenn die Initiative von den Antifaschos ausgegangen sein sollte: Etwas Besseres, als daß Du da aufkreuztest und hineingezogen wurdest, konnte mir taktisch nicht passieren. Habe Verständnis für meine Gedanken! Ich war allein und brauchte bei diesen Drohungen Verstärkung. Du kamst wie gerufen. Verzeih, wenn ich Dich etwas für mich verheizt habe. Aber ich war mir sicher, daß sie vor den versammelten Kultellos nicht auf Dich losgehen würden. Und außerdem genoß ich es, mit Dir in einer Front zu stehen...) Wiglaf nun reagierte mit selbst mich sehr überraschender absoluter Souveränität und Weisheit: Er nahm den pferdeschwänzig-bebrillten Minderintelligenten ins Visier, richtete gebieterisch seinen Zeigefinger auf ihn und heraus kam wie aus dem Gewehr: “Du bist doch ein Bulle! Du bist doch ein Bulle mit Pferdeschwanz!” Und weiter, etwa: “Du bist mal ganz leise, Du hast hier überhaupt nichts zu melden, mit Bullen mit Pferdeschwanz rede ich doch gar nicht!” Und jetzt kam das Unglaubliche: Dieser Schuß traf voll ins Schwarze!: Der Schwätzer sackte tatsächlich in sich zusammen, zog sich sofort zurück und hielt die Schnauze, konnte absolut nicht kontern! In seinen Augen war klar zu erkennen, daß er sich geoutet fühlte. Es war sensationell! Sollte das wirklich ein Bulle, ein V-Mann, ein Provokateur gewesen sein?! Sollten wir endlich mal einen von denen in flagranti erwischt haben? Ich ging ihm nach, schaute ihm in die Augen, wollte es wissen, sprach zu ihm: “Nein, das glaube ich nicht, daß Du ein Bulle bist”; wollte ihn gegen diesen schweren Vorwurf in Schutz nehmen. Tatsächlich verweise ich dergleichen gewöhnlich ins Reich der Verschwörungstheorie. “Obwohl, möglich ist...”, sagte ich dann, als er still blieb. Ich konnte es nicht glauben! Aber wie er sich jetzt verhielt, sprach absolut für diese Variante. Er, der den tierischen Cotton gemacht hatte, sagte nun gar nichts mehr: Er war nun noch kleiner als er sowieso schon war. Jetzt spielte er sich nicht mehr auf! Es war vorbei, die Unterhaltung hatte ihr abruptes Ende gefunden, und ich ging zurück in die Schlange, erstand eine der letzten Karten und ging an den Antifaschos vorbei in Richtung Saal. (“Antifaschos” sage ich inzwischen doch etwas ungern. Besser ist: ... an den drei Antifas und dem Bullen vorbei...)

Die Veranstaltung war bereits in vollem Gange, so weit man das sagen kann für die etwas langatmigen Film-Aufnahmen der Statements der geladenen Gäste. Für mich, der ich noch eben massiv bedroht wurde, war in dieser Situation alles Blabla und falsch. Einer der “Kameraden”, also einer der geladenen Gäste, erzählte etwas davon, daß sein Thema heute Abend Deutschland und das kontroverse Gespräch über Deutschland o.s.ä. sei. Das alles mußte ich als falsch empfinden, denn für mich gab es nur ein Thema: Gewalt. Bevor wir über was auch immer reden, sollten sich doch alle Teilnehmer darüber einig sein, daß sie keine Gewalt gegeneinander anwenden werden. Und davon konnte an diesem Abend nicht die Rede sein: Der Laden war zu einem Drittel mit gewaltbereiten Antifas besetzt! Das müssen außer mir auch andere im Publikum, die nicht direkt bedroht wurden, bemerkt haben, denn die Antifas gaben sich nicht gerade friedlich und tolerant. Aber das will man offenbar noch nicht richtig zur Kenntnis nehmen. Man glaubt noch, daß das alles nicht so schlimm sei, und daß man ja selber nicht betroffen ist: Mir kann ja nichts passieren. Nun gut, solange man feige seine Schnauze hält, passiert einem auch nichts. Aber wer auch immer nur seinen Mund aufmacht, der gerät sofort in die Gefahrenzone, denn es ist unmöglich, es den Antifas recht zu tun. Man kann sich noch so viel Mühe geben, daß man sich schon fast wie ein Schleimer vorkommt – es nützt alles nichts. Nun, es war offensichtlich: Beim anwesenden Publikum wurde die Gefahr verdrängt. Man wiegt sich in illusionärer Sicherheit. Man kichert statt dessen über dieses oder jenes, was ich auch in einem anderen Zustand nicht besonders witzig gefunden hätte. Das ist halt das Publikum eines Schlingensief, das sich an Huren, Zwergen, möglicherweise originell sein sollenden Gestalten ergötzt.

Nun ging es an den Einzug und die Vorstellung der Stars des Abends. Die Namen der Kameraden sind den Zeitungsberichten zu entnehmen. Ich kannte von ihnen nur Mahler, Oberlercher, Langhans, Nier und Gert Schneider. Bald stellte sich das von Schlingensief vorgegebene Thema heraus, das von den Ankündigungen her nicht bekannt war: das Lager. Schlingensief hat also alle in ein Lager stecken wollen, in dem sie sich nun zurechtfinden und miteinander zurechtkommen müssen: ein sehr gutes Konzept, auf dessen weitere Beurteilung (und der Schlingensief’schen Regie) ich später kommen will. Vorab gilt jedoch wie bereits gesagt: Es gab kein gemeinsames Lager; es gab zwei Lager: das der Gewaltlosen und das der Gewaltbereiten. Damit war das Konzept im Prinzip von vornherein gescheitert. Selbst auf der Bühne unter den Theaterangehörigen, also den Gastgebern, war das deutlich zu spüren. Als Michael Nier sprechen will, wird ihm von einem Assistenten in Uniform mit einem Blumenstrauß ständig im Gesicht herumgefuchtelt. Schlingensief, der unmittelbar daneben steht, greift nicht ein. Das Thema das Abends war nicht “Deutschland” oder “Lager”, das Thema das Abends hätte lauten müssen: Gewalt.

Nier hätte wahrscheinlich auch ohne Störung nicht besser ausgesehen. Weder er, noch Mahler, noch Oberlercher haben sich auf die Situation einstellen, haben mit dem Publikum kommunizieren können. Es ist aber auch sehr schwer, mit Psychotikern zu kommunizieren. Langhans blieb – wie bereits vom ersten Kameradschaftsabend in Hamburg bekannt – bei der schweigsamen Variante. Gleichzeitig aber – und das ist wichtig – tat er nur eins: Er lauerte auf irgend eine Art Kommunikation, ergriff das kleinste Geräusch, ging auf jeden Zuruf sofort ein. Seine Taktik darf durchaus als erfolgreich gewertet werden. Man darf ja nicht vergessen, daß man es bei der Antifa mit schwerstgestörten Kindern zu tun hat, die ihre terroristische Existenz nur dem herrschenden Establishment zu verdanken hat, die also unter auch nur einigermaßen normalen Umständen überhaupt keine Rolle spielen würde. Nicht nur in Angola gibt es Kindersoldaten. Die ganze Situation hat natürlich auch etwas Komisches und Amüsantes. Im Prinzip hat man ganz klar Sympathie mit den Antifaschisten, man ist geduldig, läßt auch mal dies und jenes durchgehen. Unsere Schwererziehbaren! Je länger man über sie nachdenkt, desto sympathischer werden sie einem. Diese Aufsässigkeit ist ziemlich geil. Man freut sich, wie bei autistischen Kindern, über jedes Lebenszeichen. Warum wollen sie uns nur immer verkloppen, die wir es mit ihnen doch nur gut meinen? Wie können wir das ihnen nur begreiflich machen? Es macht einen doch schon recht ratlos.

Nun, die Show ging weiter. Am besten jedoch der Auftritt von Meir Mendelssohn. Manege frei! Meir kommt die Showtreppe runter, Christoph unten, ganz der Entertainer, erwartet ihn mit offenen Armen, zeigt auf ihn, spricht ins Mikro mit ansteigender Lautstärke: “Und jetzt, meine Damen und Herren, hier ist er!: Meir Mendelssohn, der SCHÄNDER DES BUBIS-GRABES!!” Applaus! Stimmung im Saal! Alles Jüdische kommt ja sowieso sehr gut an bei den Deutschen. Nur die Antifas im Publikum wissen nicht so recht, was sie zum Beispiel von einem jüdischen Klarinettisten halten sollen, der seine Redezeit für ein Solo nutzt. Aber man klatscht doch sehr höflich. Wie schafft der das denn nur, von denen akzeptiert zu werden?! Wieso schaff ich das nicht? Verflixt! Was hat der, was ich nicht hab? Über welchen geheimen Bonus verfügt er nur? Sollte ich mich beschneiden lassen? Nichtsdestotrotz sind die Sympathien für das Jüdische irgendwie sehr gekünstelt, nicht gerade direkt und spontan. Eine gewisse Verunsicherung fällt auf. Aber die ist jetzt, wo der große Christoph Meir Mendelssohn stürmisch empfängt, wie weggeflogen. Was Christoph hier macht, das ist schon Volxverhäzzung at its best, sprich wirksame Psychotherapie, das muß man neidlos anerkennen. Meir ist aber Christoph absolut ebenbürtig, zieht mit ihm voll mit. Er beginnt zu sprechen: “Was ist denn überhaupt ein Jude?”, doch bevor diese Dekonstruktion des Philosemitismus weitergehen kann, wird er prompt aus dem Publikum von einem anderen Juden unterbrochen, auf hebräisch. Um ihn bloßzustellen, daß er nichts versteht, also der falsche Heino ist. Oder nur zu prüfen. So sieht es jedenfalls auf dem ersten Blick aus. Vielleicht war es aber auch ein ganz normaler Agent, der den Auftrag hatte, auf keinen Fall diese Art Psychotherapie zuzulassen. An diesem Abend wird es an Bullen und Agenten nur so gewimmelt haben. Offenbar setzt man noch immer auf das sinkende Schiff des Philosemitismus, anstatt Christoph und Meir dankbar zu sein. Die Aktion des Agenten geht jedenfalls voll nach hinten los. So kann man Meir und Christoph nicht verhinden; da müßte man schon den Staatsanwalt holen. Denn Meir geht absolut gelassen auf ihn ein, antwortet ihm auf hebräisch. Der andere redet mit ihm weiter und beweist damit, daß Meir vielleicht nicht Meir, aber wenigstens ein Hebräer ist. Jetzt, offenbar Meirs Echtheit anerkennend, geht er sofort zu Beschimpfungen über, und es wird sehr unterhaltsam: “...[hebräisch, unverständlich]...” Darauf Meir zum Publikum: “Er sagt, ich sei ein Schwein!” Der andere: “...[hebräisch, unverständlich]...” Meir: “Er sagt, daß ich nur Scheiße fresse.” Der Jude aus dem Publikum: “...[hebräisch, unverständlich]...” Meir: “... daß ich Scheiße bin.” Usw. Meir, Danke für diese wunderbare Vorstellung! Du warst der absolut beste Akteur an diesem Abend!

Wie heute in der FAZ (24.11.99) steht, will Klugscheißer Alexander Kluge nun ausgerechnet Mendelssohn herausnehmen aus der tv-Version des Spektakels, weil “solche Art Eitelkeit am Theater nichts zu suchen hat”! Das ist allerdings wieder die Höhe: Wenn Theater etwas ist, dann Tummelplatz von “Eitelkeiten”. Kluge also Selektioneur der korrekten Eitelkeiten.

Ich sagte, daß Schlingensiefs Konzept falsch war und an der wirklichen Situation vorbeiging. Aber das lag wohl an meiner eigenen Gefühlslage. Denn eigentlich muß von einem Erfolg gesprochen werden. Die äußerste Verspanntheit und zerebrale Verwirrung der Deutschen läßt eine sachliche Diskussion etwa zum Thema Gewalt überhaupt nicht zu. Mit Schlingensiefs Technik des Psychodramas wird viel mehr bewirkt. Es wird zunächst erst einmal von der überladenen Situation abgelenkt, etwa mit dicken Titten, Klezmermusik und ähnlichem Klamauk. Die Gäste fallen erwartungsgemäß in diese Unterhaltungsfalle, merken gar nicht, daß sie sich auf etwas Inkorrektes einlassen. Wenn sie es merken, ist es schon zu spät: Sie merken, daß sie “im Lager” sitzen. Theater oder Psychodrama sind offenbar die einzig angepaßte Art und Weise, mit der Situation umzugehen. Insofern ist die Leistung Schlingensiefs gar nicht hoch genug einzuschätzen. Genau genommen wird es Schlingensief eines Tages sein, dem zu danken sein wird für die wahrscheinlich ersten wirklichen Schritte hin zur echten Volksgemeinschaft. Daher erklären wir Schlinge hiermit zum ersten Ehrennationalanachristen, oder, um es modern zu sagen, zum Nationalanarchisten der Ehre. Und zum verdienten Gefühlsguerillero des Volkes.

Ich verließ “Lager” nach etwa zwei Dritteln der Aufführung. Das Geschehen hatte sich von auf der Bühne nach hinter die Bühne verlagert, wohin nur ein begrenzte Anzahl von Leuten aus dem Publikum Zugang hatten. Auf und vor der Bühne begann es langweilig zu werden. Ich ging aus dem Theater, nachdem ich mich überzeugt hatte, nicht verfolgt zu werden, und traf auf der Straße eine mir bekannte Person. Allerdings wußte ich nicht, woher ich den jungen Mann mit Nickelbrille kannte. Er schien mir der Antifa anzugehören. Ich ärgerte mich über mein schlechtes Gedächtnis und sprach ihn an. Er wich mir aus, sagte im Vorbeigehen, nein, er kenne mich nicht. Ich blieb an seinen Fersen: “Warte doch mal! Laß uns doch ein bißchen quatschen!” Nun ergriff er regelrecht die Flucht in den U-Bahn-Schacht vor der Volksbühne hinein. Ich folgte ihm auf das Gleis, bevor ich das Treiben für idiotisch zu halten begann und abließ. Doch auf dem Weg nach oben auf die Straße – ich wollte eine 5-DM-Taxe anhalten, um so schnell wie möglich aus der Gefahrenzone zu gelangen –, fiel mir schlagartig ein, woher ich ihn kannte: Bei einer Gerichtsverhandlung gegen Andreas Röhler und mich war er mir im Publikum aufgefallen, und ich hatte ihn in einer Verhandlungspause draußen im Korridor angesprochen. Ich hatte ihm gesagt: “Du bist sicherlich von der Antifa”, was er verneint hatte. Er hatte sich von anderen Prozeßbeobachtern, die vom Habitus her ziemlich eindeutig der Antifa zuzuordnen waren, ferngehalten, und so erschien mir das ziemlich glaubwürdig. Woher er vom Prozeß erfahren hätte und was ihn an diesem interessierte, war allerdings wenig plausibel, aber der junge Mann war mir ziemlich sympathisch, und ich unterhielt mich eine ganze Weile angeregt mit ihm. Nun, auf der Straße vor der Volksbühne, wurde mir alles klar: Er war auf mich angesetzt. Von wem, weiß der Geier. War es ein autonomer Antifa oder handelte er im Auftrag der Polizei oder eines Geheimdienstes? War es ein Zufall, daß er ausgerechnet zur gleichen Zeit die Volksbühne verließ wie ich? Sollte er einen längerfristigen Auftrag haben? Jedenfalls schien mir ziemlich klar, daß er in der Prozeß-Pause verborgene Motive hatte, sich mit mir auf ein Gespräch einzulassen, denn ansonsten bräuchte er sich ja jetzt nicht vor mir zu drücken und die Flucht ergreifen. Das war offensichtlich. Denn daß er mich erkannte, war klar. Er mußte sich nun auch von mir geoutet fühlen. Das Gespräch im Gerichtsgebäude hatte ich im übrigen als ziemlich angenehm in Erinnerung. Eine gewisse Skepsis mir gegenüber war nicht zu übersehen, aber vieles sprach dafür, daß er mich nicht für den hielt, dem er zuvor noch glaubte zu begegnen. Er war ein sehr aufmerksamer und intelligenter Gesprächspartner. Mir fiel damals jedoch schon auf, daß er im Gespräch auf Dinge kam, die keinen zwingenden Zusammenhang mit den anderen Themen des Gespräches – Meinungsfreiheit, Faschismus, jugendliche Gewalt den benachbarten Bundesländern u.ä. – hatten. Völlig unerwartet zeigte er z.B. Interesse an den “Protokollen der Weisen von Zion”, was mich sehr überraschte, denn das paßte absolut nicht zu seiner gelassenen Haltung. Er fragte mich, ob ich ihm diese beschaffen könne. Ich antworte ihm damals, daß ich ihm dies nicht versprechen, mich aber darum kümmern könnte und wies ihn vorsorglich darauf hin, daß er ein wissenschaftliches Interesse und seine Volljährigkeit nachweisen müsse. Heute ist mir klar, daß er mich lediglich auf Glatteis führen, mich prüfen wollte. In der Rückschau kann ich von mir behaupten, daß ich diese Prüfung mit 1 bestanden habe: Ich hatte konsequent meine libertäre Haltung bei gleichzeitiger Beachtung der in der BRD geltenden Gesetze (ja ja, ich bin ganz brav!) durchgezogen. Ich hatte den Eindruck, daß er diese Haltung würdigte und zufrieden war. Als die Verhandlung fortgesetzt wurde, waren wir ziemlich freundlich verblieben. Nun, im U-Bahn-Schacht, wollte ich ihn nun doch zur Rede stellen und meine Empörung über sein verdecktes Spiel zum Ausdruck bringen, aber ich konnte ihn – trotz Waggon-Hoppings – nicht mehr finden.

Unbekannter junger Mann! Falls Du dies hier liest: Es war zwar nicht sehr schön, was Du getan hast. Aber ich nehme Dir nichts mehr übel. Laß uns doch bei Gelegenheit (oder das nächste Mal mehr oder weniger spontan, wenn Du plötzlich Deinem Observierungs-Objekt wieder einmal unfreiwillig und unerwartet Auge in Auge gegenüberstehst...) dieses Gespräch von damals im Gerichtsgebäude fortsetzen! Es hat doch Spaß gemacht! Melde Dich! Du brauchst Dich nicht zu verstellen; Du erfährst auch so alles von mir, was Du wissen willst.

 

Der Tag danach: Willkommen im Klub, Christoph!

... im Klub der “Volxverhäzzer”! Sei jetzt auch Du, lieber Leser, ein “Volxverhäzzer”! Es macht solch einen Spaß, das “Volk” zu “verhäzzen”! Liebes Volk, sei mir nicht böse, aber ich muß Dich jetzt “verhäzzen”. Es tut mir sehr leid um Dich. Aber was sein muß, muß sein.

Let’s häzz together now!

Warum, oh Volk, bist Du so bescheuert und läßt Dich verhäzzen? Woran liegt es? Ich weiß es nicht. Du machst Deiner Führung großen Kummer! Sei nicht so undankbar gegenüber Staat und Regierung! Ich weiß nicht, was mit Dir los ist. Warst doch sonst immer so couragiert und hast der Versuchung getrotzt. Und nun? Läßt Dich verhäzzen!... Du enttäuschst mich, Volk!

Let’s häzz im Internetz!

Weißt Du nicht mehr, wie Du Dir geschworen hast: Wir sind das Volk! Und lassen uns nie wieder verhäzzen!

Ich häzze, Du häzzt, er häzzt, sie häzzt: Wir alle häzzen um die Wette! Wer kommt zuerst an? “Häzzen”: der noie Volxsport! Willst Du Dir noch lange die Chance 2000 entgehen lassen, auch zum Klub zu gehören? Kann ich Dich dazu aufhäzzen, Volxverhäzzer zu werden? Volxverhäzzung im Schneeballprinzip! Stellt Euch vor: ein Volk von Volxverhäzzern: Einer verhäzzt den anderen Häzzer: mutual hettsing! Laß Dich aufhäzzen und häzze andere Volxgenossen auf! Tu es uns jetzt gleich! Verpaß diese einmalige Chance nicht! So’ne Wende, die kommt nicht alle Tage!

Antifa, Du willst mir doch nicht sagen, daß Du nun zufrieden bist, jetzt, wo Christoph “Volxverhäzzer” ist? Denk an die Langeweile, die Du jetzt hast! Ich sah Dich sitzen in der Volxbühne, Du konntest johlen, feixen, brüllen, nahmest die Gelegenheit gar nicht richtig wahr, muß ich sagen. Du hattest die Gelegenheit, die Bühne zu stürmen, bliebest aber sitzen, trotz aller verbaler Kraftmeierei. Warum? Fandest Du Gefallen am Geschehen? Genossest Du das Volxpsychodrama? Hast Du nicht gemerkt, in welche Falle Du getappt bist? Nimmst Du jetzt Teil an der deutschen Gruppentherapie? Du hattest Dich ja lange entzogen. Am Montag saßest Du brav in Deinem Theatersessel, riefest: “Rainer, zeig’s mir!” und “Horst, zeig’s mir!” Und Du hast es Dir zeigen lassen!

Ja, lieber Antifa, Du enttäuschst mich langsam. Aber jeder muß mal in sich gehen, muß mal etwas zur Ruhe kommen. Ich habe Verständnis dafür. Ich kenne das. Daß aber ausgerechnet Du jetzt Sesselfurzer werden mußt! Naja, nur eine Entwicklungsstufe.

Du hast mir ja noch nie erzählen können, daß Du so ein glatter Hund bist. Ich habe Dich nämlich gesehen bei der Oma zu hause, Deine liebe Oma. Die ist so lieb zu Dir, zu der gehst Du, wenn Du’s mal heimelig-heimatlich-gemütlich haben willst. Und die steckt Dir auch manchmal zwanzig Mark zu, die liebe Oma. Die hat Dich ja auch so lieb, den kleinen Enkel.

Aber jetzt mußt du wieder los, der Kampf ruft. Die Faschisten sind überall. Ich darf nicht ruhen. Du bist doch eigentlich ein ganz lieber. Und jetzt willst Du triumphieren, wo Christoph ‘ne Anzeige hat? Jetzt kannst Du überall triumphierend rumschreien, daß Schlinge ja Volxverhäzzer ist, quasi staatlich anerkannter Volxverhäzzer. Denn Du weißt ja: “First rule is: the laws of Germany!”

Das ist es, was Du wolltest? Sag mal, warum hast Du Schlinge denn dann noch nicht selber angezeigt? Das hättest Du doch schon nach Hamburg tun können! Warum hast Du’s denn nun den Juden überlassen? Nein, sowas!: Daran hättest Du doch denken müssen! Das hätte doch von Dir kommen müssen! Geht das jetzt schon wieder los? Schämst Du Dich nicht? Das solltest Du aber.

Du sagst, Du hast Deine eigenen Methoden? Das ist Dir nichts mit der staatlichen Bürokratie. Du haust den Leuten lieber auf die Fresse, sagst Du. Aber warum triumphierst Du dann immer so, wenn der Staat wieder einen zum Volxverhäzzer gemacht hat? Und warum brüllst Du mich dann so an: Holokost-Leugner! Oder bist Du das gar nicht, der so spricht, ist das immer nur der Bulle in Deinen Reihen? Aha, das fällt Dir jetzt auch langsam auf, sagst Du? Na denk mal weiter. Du stehst ja daneben und sagst komischerweise gar nichts. Ist auch besser so: Überlaß das mal dem Bullen in Eurer Truppe! Sieh ihn Dir an, wie er staatlichen Urteile als Argumente benutzt, der Depp! Das ist doch gar nicht in Deinem Sinn. Wie er triumphiert: Ha, Töpfer, warum darfst Du denn kein Taxi mehr fahren?! Bist Du etwa kein Holokost-Leugner?! Und Du, armer Antifa, Du stehst daneben und verstehst die Welt nicht mehr.

So, und nun ab in die Spur, ein bißchen Aktivität zeigen! Egal, was; laß Dir was einfallen! Oder laß Dich doch am besten ganz einfach anleiten von Deinem Führungsoffizier, Deinem Gruppen-Bullen, dem V-Mann, der immer so besonders aktiv ist, der Dich richtig mitreißen kann. Das hat er nämlich gelernt. Nicht nachlassen, immer schön den Provokateuren nachrennen! Das ist besonders jetzt ganz wichtig, wo der Faschismus in Form von Christoph Schlingensief vor der Türe steht! Jetzt, wo der Faschismus die denkbar subtilsten Psychotechniken anwendet. Jetzt auf den Bullen hören, den Bullen in Deinen Reihen! Du weißt, wer es ist. Kuck ihn Dir an, den Hetzer, den Treiber, den Aufwiegler! Und vor allem: nicht nachlassen! Gönn’ Dir jetzt keine Ruhe! Später. Aber jetzt nicht! Jetzt naht der Endkampf! Jetzt bloß nicht nachdenken! Jetzt Plenum einberufen! Und vor allem jetzt nicht nachdenklich werden! Immer schön weiter Phrasen dreschen! Keine Gefühle, Zweifel und Gedanken aufkommen lassen! Und, was das wichtigste ist: anleiten lassen! Führen lassen! Dein Bulle weiß Bescheid. Vertrau ihm jetzt! Und bloß nicht auf mich hören! Ich bin nämlich auch so ein “Volxverhäzzer”! Vorsicht, Du könntest gemeines Volk werden, Dich von mir provozieren lassen! Das wäre nicht gut! Dann wärest Du auf meinen Leim gekrochen! Dann würdest Du genau das machen, was ich bezwecke! Achtung! Vorsicht! Analysiere die Situation! Beratschlage Dich! Aber am besten mit Deinem Führungs-Bullen! Besprich Dich bloß nicht mit Deinem Kumpel, der genau so wenig Ahnung hat wie Du. Denn der weiß es auch nicht. Da könntet Ihr beiden ja autonom werden! Und das darf nun wirklich nicht sein. Denk dran, was Justus Wertmüller in der Jungle World geschrieben hat: Der deutsche Autonome ist der Feind. Das bist Du! Ja, Du! Geh noch besser gleich hin zum Verfassungsschutz oder der politischen Polizei. Oder noch besser sind die Dienste, die können Dich am besten führen. Das kannst Du mir glauben! Die kennen sich mit den Tricks am besten aus. Lange Erfahrung. Gute Leute. Höre auf diesen meinen Tip! Laß Dich von mir beraten! Aber nicht zu sehr! Das könnte Dich verwirren! Ich kann Dir leider nur nicht sagen, wo Du die Dienste erreichst. Polizei und Verfassungsschutz stehn ja im Telefonbuch. Die CIA leider nicht. Aber Du wirst es schon schaffen.

Aber mach Dir keinen Streß. Geh zu den Bullen, Du weißt ja, wo sie sind, und sag ihnen, daß Dein Leitbulle nicht mehr so richtig funktioniert und daß Du einen neuen brauchst. Gerade jetzt, wo es drauf ankommt, wo es ums Ganze geht, wo Christoph Schlingensief und seine Volxbühnenbande den Faschisten die Macht zuspielen!

Hilfe, es ist so weit.

 

 

Das Geschehen aus anderer Sicht

Die Denkwürdigkeit des Geschehens im Theater-Foyer hat mich bewogen, einen Kameraden zu bitten, die Situation zu schildern, wie er sie erlebt hat, um ein einigermaßen realistisches Bild zu bekommen. Hier sein Bericht:

“Als ich aus der U-Bahnstation kam, war es vor der Volksbühne schon voll. Im Foyer das gleiche Bild. In zwei Schlangen standen die Leute an den auf den jeweils gegenüberliegenden Seiten befindlichen Kassen an. ‚Leute‘ – das waren nicht diese dekadenten bürgerlichen Bohemiens, diese Kultur- und Medienschickeria, die sich an ihrem Hofnarren Schlingensief ergötzen. Es war mehr diese aggressive `Deutschland-verrecke!´-Szene: Finstere, verschrobene Gestalten, wirr im Kopf und der Seele. Weniger Rotweinsäufer, mehr Antifas.

Nach längerem Warten auf Peter Töpfer vor dem Haus beschloß ich nochmal im Foyer nachzusehen. Dies hatte sich inzwischen merklich geleert, war höchstens halbvoll. Ich erblickte Peter, der durch einen lautstarken Streit mit einem Antifa auffiel. Dieser hatte Peter erkannt und warf ihm lautstark die Mitarbeit an der Zeitschrift Sleipnir vor. Peter reagierte in seiner typischen Art und bot dem Antifa Gespräche an. Dieser war nicht daran interessiert, darauf einzugehen, sondern Töpfer als Fascho inkognito bloßzustellen. Die von ihm erhoffte Lynchstimmung, welche in eine proletarische Abreibung für Peter kulminieren sollte, blieb indes aus. Das Interesse der Umstehenden ging nicht über die normale Neugier von Leuten, die zufällig Zeuge einer Auseinandersetzung werden, hinaus. Keiner fühlte sich bemüßigt, einem der Kontrahenten beizuspringen. Nur der gerade nach Karten anstehende Satiriker Wiglaf Droste ging der übereifrige Antifa auf den Zeiger. Die plumpe Nazietikettierung des vermeintlichen Abweichlers müssen wohl an eigene ungute Erfahrungen mit linken Blockwarten und Provokateuren erinnert haben. Er griff verbal in den Streit ein und bezichtigte den Antifa, ein Bulle zu sein, der nur provozieren wolle: ‚Du bist doch ein Bulle, ein Bulle mit Zopf!‘ Als Peter dann auch noch in die Kerbe schlug, ging der Antifa in die Defensive und fing sichtlich getroffen an rumzustottern und trollte sich schließlich in den anderen Winkel des Foyers. Peter ging darauf in den Veranstaltungssaal.”

Ein Bekannter beschreibt den Abend so:

“freak show, die wasweißichwievielte... und christoph gibt’s uns.. immer wieder.. mal mit der großen chance 2000... mal auf deutschlandsuche..
auf einer suche, die eigentlich gar nicht ist, was sie vorgibt zu sein.. eine suche nämlich.. denn gesucht wird hier nix.. in der volksbühne am rosa-luxenburg-platz.. viel eher und einfach nur deutschland, kurz vor dem millenium-buck.. der allerortens herbeigeschrieben wird.. damit endlich etwas passiert.. bevor wir ersticken in langeweile.. in deutschland im allgemeinen.. und bei christoph, in der volksbühne im speziellen.. gähnende langeweile.. von der auch die geladenen freaks nicht ablenken können.. denn auch sie haben nicht viel erbauliches beizusteuern zum gelangweilten `kameradschaftsabend´.. doch christoph versucht wenigstens es uns zu besorgen.. und greift, weil ihm auch nix neues mehr einfällt, auf das alt bewährte rezept der zurschaustellung von mutanten, liliputanern und muskelprotzen zurück.. alles natürlich ein bischen zeitgemäßer.. aber es reißt trotzdem nix.. und so verläßt das angeödete puplikum schon vor ende des abends die schaustelle.. da hilft auch nicht, daß als mutantin des abends die fetteste nutte berlins präsentiert wird.. einfach ausgelutscht.. und auch die geladenen rechtsextremisten und holokausleugner bringens nicht, denn die erwarteten antifakrawalle bleiben schlichtweg aus.. müdes pfeifen zu horsti mahler und nicht weniger engagiertes zu reinhold oberlercher.. christophs kameras suchen verzweifelt nach dem großen eklat.. doch der bleibt aus.. selbst dann noch, als ein dicker bärtiger in judenkluft.. ja, er sagt er sei einer.. wirklich.. das gelangweilte volk dazu auffordert `judensau´ im chor zu intonieren.. und sich hinterher freier zu fühlen.. nix da.. nix neues.. alles schon gewesen.. alles schon mal gehört.. gesehen.. tv und multimedia machen`s möglich.. bzw. unmöglich.. und so war dann auch die mehr als reichliche polizeipräsenz vor dem gebäude völlig unnötig.. und, wie es scheint.. das üppige eintrittsgeld von 24,- dm auch.. aber’s macht wieder nix, denn ein montagabend vor dem fernseher wäre auch nicht spannender gewesen.. und immerhin konnten wir puplikum uns kuturinteressierte gegenseitig bespannen.. und dafür.. danke christoph.”

christoph schlingensief

Schlinge

mahler-molly

Molly stärkt Mahler den Rücken, fällt den Kultellos mit matriotischen Sprüchen in den gleichen