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Grundsätzliches
Peter Töpfer: Negative Identifizierung. Warum Nationalisten nichts mit Nation, Anarchisten nichts mit Anarchie zu tun haben, Nationalanarchen aber Vertreter der rationalen Kerne beider Lehren sind
Die Begriffe „Nation“ und „Anarchie“, „national(istisch)“ und „anarchis(tis)ch“ teilen ein gemeinsames Schicksal: Sie sind nämlich beide in weiten Kreisen der Bevölkerung sehr verpönt.
Nationale Anarchie nun zieht die negativen Energien aus den Reaktionen gegenüber beiden Begriffen auf sich, scheint dabei aber die ganze Angelegenheit mit großer Gelassenheit zu nehmen; ein Abfärben irgendeiner Negativität findet nicht statt. Ihr gelingt es – im Gegensatz zu beiden genannten Ismen – leicht, die Menschen von Sinn & Schönheit dieser Dinge zu überzeugen und einen positiven Bezug zu ihnen herzustellen. Sie hält sich nicht lange im Negativen auf, sondern verkündet ihre frohe Botschaft. Die nationale Anarchie ist Erbe von Urpsrung & Kern beider Gedanken und weiß am Wegesrand, daß sie die Instant-Entdämonisierung dieser Begriffe ist.
Nationale Anarchie unterscheidet sich von den meisten Trägern der Begriffe Nation und Anarchie, also von den allermeisten „Nationalen“ oder „Nationalisten“ und von den allermeisten „Anarchisten“
dahingehend, daß sie nicht, wie diese, Ergebnis einer negativen Identifizierung ist.
Was heißt „negative Identifizierung“ in diesem Zusammenhang, und worin besteht der positive Bezug der nA im Unterschied zu den allermeisten Nationalisten und Anarchisten zu den besagten Begriffen und Inhalten?
Nun, unsere These ist, daß sowohl die meisten Nationalisten, als auch die meisten Anarchisten nur zu eben diesen geworden sind, und nicht etwa zu einfach Nationalbewußten und wirklich Freiheitlichen, weil sie sich an
einem Punkt in ihrer Biographie von dem negativen Image dieser Begriffe angezogen gefühlt haben. Es soll an dieser Stelle nicht näher auf die hier ablaufende gar nicht so komplexe psychische Mechanik eingegangen
werden: Es hat eine Menge mit Stolz, mit Nun-erst-recht!-Gedanken zu tun. Eltern, Schule und Gesellschaft belegen die Begriffe Nation und Anarchie negativ – einmal mit Schuld, einmal mit Panik –; man
selbst rebelliert gegen die Eltern usw. – also identifiziert man sich mit dem „Bösen“ und „Chaotischen“, schmeißt seinen Kamm weg, weil man sich in dem einen Fall die Haare ganz entfernt und
im anderen Fall sie zu pflegen aufhört: „Since I threw the comb away...“, tralala. Die Ablehnung der Autoritäten ist zunächst etwas Positives, allerdings begibt man sich in die Gefangenschaft der letztlich von
ihnen vorgegebenen Bilder und verharrt darinnen, die Abwehr verfestigt sich, wird zum charakterlichen Panzer. Nach einigen Jahren gelingt es wenigen Nationalisten und Anarchisten, ein Gefühl dafür zu entwickeln, was
wirklich „national“ und „frei“ bedeutet, nämlich einfach so zu sein, wie man ist. Die meisten wissen keinen anderen Ausweg, als sich korrumpieren zu lassen und ihren Eltern immer ähnlicher zu werden;
oder sie bleiben ihr Leben lang Kinder.
Daß die Begriffe, mit denen man sich in seiner Rebellen-Neurose identifiziert, tatsächlich für etwas Reales stehen können, ist den Betreffenden mehr oder weniger unbekannt. Sie haben weder mit Nation, noch mit
Anarchie etwas wirklich zu schaffen; also mit nationaler Selbstbestimmung im Sinne der Verlängerung und Ausweitung der individuellen Selbstbestimmung und mit Anarchie im Sinne von Freiheit und Verantwortung. Darum
geht es ihnen ja auch gar nicht. Ihnen geht es nur darum, die Bösewichter spielen und zu provozieren; der eine agiert so in diese, der andere in jene Richtung: Das ist von den familiären Verhältnissen vorgegeben.
„Nation“ und „Anarchie“ amalgamieren und verfestigen sich mit bzw. zu linker und rechter Ideologie: Das offenbar unbedingt zu den jeweiligen Begriffen dazugehörende – zum Nationalen gehört das
Autoritäre und Staatliche, zur Anarchie gehören Laissez-faire, das Beliebige und das Wolkenkuckucksheim – muß ebenfalls geschluckt werden. Um sich abzusichern und einzureden, daß man auf dem richtigen Weg ist,
bilden sich beide felsenfest ihre jeweils ganz besondere Bösartigkeit bzw. Gefährlichkeit und Subersivität ein: Der jeweils andere ist nur Teil des „Systems“.
Die Realitäten, die jenseits und unabhängig von der psychischen Dynamik (ewig) Pubertierender den hier zur Debatte stehenden Begriffen zugeordnet werden können und sollten, gibt es: Das Nationale ist ein eine
„anthropologische Konstante“, d.h. der Mensch ist ein Gruppenwesen und wird in bestehende Verwandtschafts- und Verkehrsverhältnisse hineingeboren; er lebt zusammen mit anderen, woraus sich gleiche Sprachen und
ähnelndes Verhalten ergeben. Zur Leugnung des Nationalen wird häufig auf die Konstruiertheit der verschiedenen Nationalstaatlichkeiten verwiesen; man meint, das Nationale leicht entsorgen zu können und weiter in
seinem Saft schmoren zu können, aber das Kind wird mit dem Bade ausgeschüttet. Auf der anderen Seite werden die Menschen einfach Vorstellungen, Wünsche, Ideen von dem nicht los, was man Herrschaftlosigkeit,
spontane, organische oder natürliche Ordnung, also Anarchie nennt. Das Leben will sich verwirklichen, will zur Reife gelangen; der Mensch strebt immer wieder danach, frei zu sein. Er wird nie die Hoffnung aufgeben,
in Ungezwungenheit, Glück und Selbstbestimmung zu leben. Die Selbstbestimmung hat verschiedenen Aspekte, u.a. den nationalen. Das Nationale ist von den anderen Aspekten des menschlichen Lebens nicht zu trennen.
Anarchie und Nation gehören zusammen; sie bilden eine Einheit.
Von einigen wenigen werden diese beiden Dinge ernst genommen und ihre Verwirklichung ernsthaft verfolgt bzw. realisiert. Zu diesen wenigen zählt die nationale Anarchie. Die nationale Anarchie hat einen direkten Bezug
zu der Sache, die von den Begriffen bezeichnet werden. Ihr geht es sowohl um die Selbstbestimmung (mitsamt ihres nationalen Aspekts), als auch um ein Leben ohne Befehle, ohne Gewalt, ohne körperlichen ode seelischen
Zwang, ohne Herrschaft. Beides sind Dinge, die sie unmittelbar will, in denen sie lebt.
Die Mehrheit sowohl der Nationalisten als auch der Anarchisten tut aber nichts anderes, als die Begriffe Nation und Anarchie als Signal vor sich herzutragen: außer Symbolik nichts gewesen. Sie haben nichts mit einer
diesen Begriffen entsprechenden Praxis zu tun. Die Begriffe werden lediglich für ihr neurotisches Verhalten gebraucht.
Warum sind diese Begriffe im allgemein so negativ besetzt, so daß sich seelische Krüppel, also Menschen, die nichts besseres zu tun haben, als sich selbst für „böse“ zu erklären, zum Teil sogar selbst noch an
ihre eigene Bösartigkeit glauben und nichts besseres zu tun haben, als beständig und unablässig andere Menschen zu provozieren, mit ihnen schmücken können?
Wenn schon Provokation, warum gibt es dann im Kampf der besten Provokateure aber so wenig Nazipunks? (Und dies, obwohl es sogar namhafte Punks gab, die sich mit Hakenkreuzen geschmückt haben. An dieser Stelle aber
hörte der Punk-Spaß auf; man möchte es sich dann doch lieber nicht verscherzen mit der Gesellschaft...) Oder Volxzäkken wie wir von der nA? Selbst im Provozieren schlägt die nationale Anarchie, obwohl gar nicht
provozieren wollend, ihre Konkurrenten um Längen.
Nun, im Falle des Begriffes Nation hängt es sowohl mit der Lage Deutschlands nach dem verlorenen Weltkrieg zusammen. Im Konkurrenzkampf der Imperialismen hat der deutsche Imperialismus den kürzeren gezogen; die
siegenden Imperialismen haben ihren Triumph ausgekostet und den Besiegten in eine Niederlage, in eine Lage auf dem Boden, gebracht und seinen Staat zerstört. Sämtliche ideologischen und tatsächlichen Bezüge auf eine
Kollektivität, auf eine Gemeinsamkeit, auf ein geteiltes Schicksal sind den Unterlegenen per Umerziehung (speziell durch Aktivierung von Schuldgefühlen) ausgetrieben worden. An dieser Stelle soll nicht näher darauf
eingegangen werden, inwieweit diese Bezüge halluziniert, falsches Bewußtsein, also im Dienste der herrschenden Klasse konstruiert sind, oder eine materielle und existentielle Wirklichkeit widerspiegeln; beides
vermischt sich zu bewußtseinsmäßig-ideologischen Komplexitäten. Fakt ist, daß durch den Sieg und die Nieder- und Unterwerfung der Besiegten auch das reale Nationalbewußtsein in Mitleidenschaft gerät bzw. zerstört
wird. Man darf aber nicht vergessen, daß in erster Linie die staatlichen Aspekte, also das irreale bzw. mystifizierte Nationalbewußtsein von den jeweiligen imperialistischen Siegern angegriffen wird: Es ist das, was
sie kennen. Es sind die Imperialismen, die miteinander konkurrieren, viel weniger bzw. gar nicht die authentischen Eingeborenenkulturen und -gemeinschaften. Diese wissen sehr wohl, daß sie in einem Kampf verheizt
werden, an dem sie eigentlich kein Interesse haben. Durch Propaganda, die geschickt die authentischen Nationalgefühle der Bevölkerung ausnutzt (Heimatverbundenheit usw.), diese aber mystifizierend auf eine nationalstaatliche Ebene hochleitet, und durch nackte Gewalt (Militärdienst, Deserteurs-Exekutionen) werden die nicht-imperialistischen Grundnationen, also die im kapitalistischen Nationalsstaat zwangsvergemeindeten Völker bzw. Stämme in den Krieg getrieben bzw. lassen sie sich in diesen treiben. Da der siegreiche Imperialismus nur in Konstruktionen denkt, also nicht in den wirklich bestehenden organischen Gemeinschaften, sondern nur im Rahmen des imperialistischen Staates, nimmt er die authentischen Kollektive gar nicht richtig wahr. Das ist die Chance der Völker, die unter der Besatzung wieder aufblühen können, ohne daß dies von der Besatzungsmacht wirklich wahrgenommen wird. Nichtsdestotrotz gibt es natürlich Verbindungen zwischen den authentischen Völkern und der zu „Völkern“ gemachten Staats-Bevölkerungen, und beide decken sich an bestimmten Stellen. Der bürgerliche Multinationalstaat hat tatsächlich auch etwas mit den Vereinigungen und Bündnissen der wirklichen Völker zu tun, bzw.: Das Bürgertum macht sich diese für seine transtribale/transnationale Expansion zunutze. Deshalb geraten auch die authentischen Nationen mit den künstlichen Nationen in die Niederlage, über der die neue Herrschaft wacht, daß sie eine solche bleibt und ein Bewußtsein der realen Kollektivität nicht entsteht; desgleichen darf das nationale Bürgertum keine eigenen Vorstellungen oder Machtstrukturen entwickeln.
Die Dämonisierung des Begriffes Nation bzw. die Abwehr und Unterdrückung des Bestrebens der Menschen, sich aus ihren eigenen Interessen heraus zu vergemeinschaften – und hier kommen wir schon zur parallelen
Dämonisierung der Anarchie – wird aber auch in Friedenszeiten, also in Zeiten der Vorbereitung imperialistischer Kriege und der balance of powers betrieben, werden die Nationalgefühle von den
„eigenen“ bürgerlichen Herrschern unterdrückt, arbeitet das Bürgertum ständig an der Schaffung, d.h. der Konstruktion der „Nation“, welche nichts anderes als der bürgerliche Nationalstaat ist. Zu diesem
Zwecke betreibt es aus Gründen der Profitmaximierung die Nivellierung der bestehenden Kulturen. Von dieser Nivellierung läßt das Bürgertum erst dann ab, wenn der nationalstaatliche Rahmen zu klein und es, inzwischen
vereint mit den Bourgeoisien aller Staaten bzw. der stärksten nationalen oder antinationalen Bourgeoisie unterworfen, den Welteinheitsstaat geschaffen hat. Das authentisch Nationale ist also in den Staaten immer in
Verruch, weil sich in ihm die von der Bourgeoisie unterdrückten Klassen und der Widerstandes der Völker gegen die Imperialismen äußern. Das Bürgertum – später auch der Kommunismus – bekämpft die
authentischen Nationen als „rückständig“, „primitiv“ usw. Das sind sie ja auch tatsächlich.
Die Gründe, die den Begriff Nation in Verruch bringen und damit zur neurotischen Identifikation anbieten, sind die gleichen, die den Begriff der Anarchie in Verruch bringen. Die herrschende Klasse darf eine Besinnung
auf die eigene Stärke, auf das eigene Lebenspotential der Menschen jenseits einer Klassen- und arbeitsteiligen Gesellschaft auf keinen Fall entstehen lassen. Um seine Privilegien zu bewahren und seinen Reichtum zu
vergrößern, muß die Bourgeoisie jede Lebensform außerhalb des kapitalistischen Verwertungsprozesses und jeden Ansatz zu einer solchen bekämpfen. Das tut sie, indem sie versucht, diese Ansätze lächerlich zu machen,
wobei es allerdings zum Einsatz handfester Mittel kommt, wenn das Lächerlich-machen nicht mehr zieht. Dann stürmt der Staat auch schon mal friedliche Kommunen und richtet Blutbäder an. Die einhergehende
Lügenpropaganda wird den bourgeoisen Herrschern aber leicht gemacht durch eben das Phänomen, das hier beschrieben wird: Träger des anarchistischen Gedankens und der anarchistischen Symbolik sind oft Leute und
Gruppen, die von einer realen Autonomie weiter entfernt sind als die unpolitische Normalbevölkerung; ganz im Gegenteil: Träger der anarchistischen Symbolik sind fast ausschließlich Menschen, die sich durch eine
besondere Unselbständigkeit auszeichnen. Hierin ähneln sie ihren nationalistischen Pendants, die ebenfalls von irgendeiner Art wirklicher Eigenheit weit entfernt sind und sich allemale als Kanonenfutter für die
kapitalistische Vorstellung von der Nation und ihrer Expansion eignen. Sie finden sich in einer, von der „eigenen“ Bourgeoisie geschaffenen unterdrückten Lage.
Die Träger des nationalen, als auch des anarchistischen Gedanken, oder besser lediglich der jeweiligen Symboliken sind also durch das zu eben diesen geworden, was hier die „negative Identifikation“ genannt
wird. Sie tragen zur Perpetuierung des Verruchs der jeweiligen Idee bei. Wir befinden uns hier in einem Teufelskreis: Unselbständige Menschen werden zu Trägern der nationalen und der anarchistischen Idee, speisen
aber gleichzeitig die bürgerlichen Propaganda, mit der die Fähigkeit der Menschen zur Selbständigkeit angezweifelt und lächerlich gemacht wird.
Wenn sich Nichtneurotiker, normale, reife und zur Selbständigkeit fähige Menschen sich mit Nation und Anarchie nicht „positiv identifizieren“, liegt dies auch an folgendem: Das wahrhaft Nationale und das
wahrhaft Anarchische hat weder mit Ideologie, noch mit Politik etwas zu tun, also im Grunde auch nichts mit Begriffen: Es lebt sich einfach. Um beide wird kein besonders Aufhebens gemacht. Das Aufhebens macht der
Herrschende bzw. der von ihm beauftragte und korrumpierte Politiker und Ideologe. Die Nation und die Freiheit sind gleichzeitig die Realität und die Basis des menschlichen Lebens und zarte Pflanzen, denen es nicht
eigen ist, sich wichtig zu machen. Die nationale Anarchie wird sich nicht von Politik und Ideologie korrumpieren lassen, stattdessen stark und zart wie das Leben bleiben. Sie wird ihre ideologischen Überbleibsel
verlieren und sich nur dem Schutz des/ihres Lebens widmen, wobei es ihr nur um die Sache und um die Praxis, nie um eine Ideologie geht. Die nationale Anarchie nimmt keine Rücksicht auf vermeintliche
Unvereinbarkeiten mit möglichen Bündnispartnern, die rein ideologischer Natur sind.
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