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AAARGH International. Deutsche Selektion

 

Peter Töpfer: Einige Anträge vor Gericht

 

1. Antrag auf Einstellung des Verfahrens in der Sache 81 Js 2701/96 (215-61/97), am 1.3.99 vor Gericht verlesen

 

Ich beantrage, das Verfahren zum Aktenzeichen 81 Js 2701/96 einzustellen, weil die Anklage durch Staatsanwalt Feuerberg keine Grundlage hat.

 

Begründung: Staatsanwalt Feuerberg wirft Andreas Röhler und mir vor, “die BRD beschimpft und böswillig verächtlich gemacht zu haben”. Als Beweis dafür liefert Staatsanwalt Feuerberg eine Textpassage aus dem Aufsatz Andreas Röhlers “Kampf um den Tisch oder: Wer ist Serge Thion?” (Sleipnir 4/96), die folgendermaßen lautet:

    “Der sogenannte Historikerstreit markiert den Beginn einer Bewegung geistiger Inquisition, die sich mit dem Volksverhetzungsparagraphen bzw. dessen Verschärfungen von 1994 ins Körperliche wendet. Die BRD ist mit den Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmen und politischen Prozessen gegen Verleger und Publizisten über die Anfänge eines totalitären Regimes bereits weit hinaus, sie steht vor einem unumkehrbaren Absturz.”

Ich verantworte diesen Aufsatz und insbesondere die von Staatsanwalt Feuerberg zitierte Passage voll und ganz: zwar nicht als Autor, doch als damaliger Gesellschafter des Verlages der Freunde und Mitherausgeber der Zeitschrift für Kultur, Geschichte und Politik Sleipnir, deren freier Mitarbeiter ich heute noch bin, und weise die Kriminalisierungsversuche durch Staatsanwalt Feuerberg mit aller Entschiedenheit zurück. Es ist offensichtlich, daß der zu Unrecht inkriminierte Artikel keine Beschimpfungen und nichts enthält, womit irgendetwas – und sei es die BRD – “böswillig verächtlich” gemacht wird. Schon vom Ton her, aber auch im Inhalt verstehe ich unter “beschimpfen” und “böswillig verächtlich machen” etwas völlig anderes und fühle mich hierin mit der Allgemeinheit und dem gesunden Menschenverstand in absolutem Einklang. Staatsanwalt Feuerberg scheint diese Gemeinschaft verlassen zu haben. Zum “Beschimpfen” gehören die sog. Schimpfwörter. Wo aber ist im zu Unrecht inkrimierten Text ein einziges Schimpfwort? Zum “böswillig verächtlich machen” gehören Äußerungen der Böswilligkeit und der Verachtung. Beides gibt es in dem zu Unrecht inkrimierten Text nicht. Der Aufsatz zeichnet sich im Gegenteil durch Sachlichkeit und Gutwilligkeit aus. Der gute Wille zum Finden eines gemeinsamen Weges, die anstehenden Probleme und Konflikte zu lösen, der gute Wille zu Zusammenarbeit und Zusammenleben aller Beteiligten und Betroffenen und die Sorge um und das Verantwortungsgefühl für unser Gemeinwesen, aber auch die von diesem guten Willen und dieser Sorge getragenene entschiedene, deutliche und angemessen formulierte Kritik an gewissen Vorgängen und Zuständen spricht aus jedem einzelnen Satz und steht mustergültig für überhaupt die gesamte Aktivität von Verlag und Redaktion. Es ist nicht nachvollziehbar, worin die Beschimpfung und die Verächtlichmachung liegen soll. Könnte es sein, daß Staatsanwalt Feuerberg etwa Beschimpfung und Verächtlichmachung mit Kritik verwechselt? Staatsanwalt Feuerberg muß gewiß nicht das für kritikwürdig erachten, was Andreas Röhler und ich für kritikwürdig erachten. Er kann persönlich durchaus der Meinung sein, daß unsere Kritik an bestimmten Vorgängen und Zuständen in der BRD nicht begründet ist. Er kann uns aber als Staatsbeamter und Vertreter der Rechtspflege nicht unsere freie Meinungsäußerung verbieten, indem er diese fälschlicher- und ungerechtfertigterweise als “Beschimpfung” und “Verächtlichmachung” qualifiziert und kriminalisiert. Ich verdächtige Staatsanwalt Feuerberg, daß er versucht, Kritik am Staate BRD zu kriminalisieren. Es wäre zu prüfen, welchen Vergehenstatbestand Staatsanwalt Feuerberg hiermit erfüllt. Ich würde diese Fragen außergerichtlich klären wollen, wenn ich bei Staatsanwalt Feuerberg Bereitschaft zu sachlicher, echter, ehrlicher und menschenwürdiger Auseinandersetzung erkennen könnte. Davon kann aber bislang, insbesondere im Hinblick auf die hiesige Anklageschrift und die von ihm zu verantwortende Vorgehensweise gegen uns, nicht die Rede sein. Es spielt zunächst überhaupt keine Rolle, ob die Kritik begründet ist; sie ist in jedem Fall berechtigt und darf nicht unterdrückt werden. Der dahingehende Versuch seitens Staatsanwaltes Feuerberg verstößt gegen das Grundgesetz. Darüber hinaus und unabhängig davon empfinde ich die im zu Unrecht inkriminierten Aufsatz geäußerte Kritik als sehr wohl begründet und möchte allein mit Beispielen aus meiner eigenen Erfahrung dem Gericht und der Öffentlichkeit diese Begründung mitteilen, denn ich kann es nicht auf sich beruhen lassen, wenn uns Staatsanwalt Feuerberg wegen der geäußerten Kritik anklagt. Er weiß sehr wohl, was bisher bei den Ermittlungen geschehen ist. Er mag seine Vorgehensweise und die Vorgehensweise der ermittelnden Polizeibeamten für rechtens erachten (was sie meines Erachtens nicht sind), aber er darf die Kritik an dieser Vorgehensweise nicht mit Disqualifikation und Kriminalisierung, auch nicht mit Demonstration von staatlicher Macht, Drohungen und erneuten Anklagen zu unterbinden versuchen. Im Grunde unterstellt uns Staatsanwalt Feuerberg, wir würden in besagtem Aufsatz die Unwahrheit sagen und lügen; er unterstellt uns, wir hielten das nicht mit der Wahrheit übereinstimmend, was wir von der Vorgehensweise von Staatsanwaltschaft und Polizei berichteten, worauf unsere Bewertung, daß es sich nämlich um eine totalitäre Vorgehensweise handelt, basiert. Er unterstellt uns, wir würden phantasieren und die Wirklichkeit leugnen. Ich werde nun dem Gericht und der Öffentlichkeit Einzelheiten in der Vorgehensweise von Staatsanwalt Feuerberg und der Polizei nennen, auf daß sich Gericht und Öffentlichkeit eine Meinung bilde. Meine Meinung von dieser Vorgehensweise lautet: totalitär. Diese Meinung ist – selbst wenn unbegründet – berechtigt, und der Kriminalisierungsversuch seitens des Staatsanwats Feuerberg ist unanständig.

Die erste Bekanntschaft mit ermittelnden Polizisten und Staatsanwalt Feuerberg habe ich am 15. November 1995 früh morgens um 6 Uhr gemacht. Die Ermittlungen fanden – das sei betont – in einer Pressesache statt: Es bestand der Verdacht, wir hätten mit der Publikation der Ausgaben von Sleipnir Nr. 2 bis 5/95 diese und jene Straftat begangen. Es dürfte für solcherart Ermittlungen als zumindest ungewöhnlich und gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoßend gelten, wenn in die Wohnung des zu recht oder unrecht Verdächtigten, der im vorliegenden Falle ich bin, auf eine Art eingedrungen wird, daß zwei Türen zu Bruch gehen, weil die Wohnung und das Schlafzimmer des Verdächtigen von ungefähr zwölf – ich wiederhole: etwa zwölf – Polizisten gestürmt werden. Demoliert worden sind Wohnungseingangstür und die Tür von Flur zu Wohnzimmer. Der Bruch Ersterer ist gerechtfertigt worden, die Tür sei innerhalb der vorschriftsmäßigen sechs Sekunden Wartezeit nicht von innen geöffnet worden. Es mag eine solche Vorschrift geben; sie wird auch ihren Sinn haben. Aber ich frage das Gericht und die Öffentlichkeit, ob es in einer Pressesache und frühmorgens um 6 Uhr verhältnismäßig ist, etwa keine weitere sechs Sekunden abzuwarten, damit mir die Möglichkeit gegeben wird, die Tür zu öffnen? Ich bezweifle, daß überhaupt sechs Sekunden abgewartet worden sind, ja daß überhaupt geklingelt worden ist. Ich habe einen sehr leichten Schlaf, werde normalerweise bei geringstem Geräusch wach. An diesem Morgen aber war das erste, was ich mitbekam, daß eine Person brutal auf mich, der ich bäuchlings und nackt schlafend im Bett lag, sprang, mir die Decke wegzog, sich auf meinen Rücken und Hintern postierte und mir einen Gummiknüppel in den Nacken drückte. Etliche weitere Personen stürmten mein Schlafzimmer, die sich jetzt als Polzeibeamte herausstellten. Ich kann nur annehmen und muß Staatsanwalt Feuerberg und den polizeilichen Einsatzleiter verdächtigen, daß sie nur unverhältnismäßig kurz geklingelt und nicht ausreichend das Öffnen der Tür von innen abgewartet haben. Die zweite Tür, die beschädigt worden ist, ist die von Flur zu Wohnzimmer, in das die Polizisten in einer unverhältnismäßig rabiaten Art und Weise gestürmt sein müssen. Obwohl jeder Polizist im Wohnzimmer viele Stunden lang über die Glasscherben steigen mußte, ist der von mir geltend gemachte Schadensersatzanspruch von der Senatsverwaltung für Finanzen als unbegründet zurückgewiesen worden. Die beteiligten Polizeibeamten haben ihre Schadensverursachung lügnerisch abgestritten. Im weiteren Fortgang dieser Durchsuchung bin ich weiter unverhätnismäßig streng und eng bewacht worden. Jeder Schritt, jede Bewegung, mein Ankleiden und meine Morgentoilette ist aus nächster Nähe beobachtet worden; aber auch die vielen Stunden der Hausdurchsuchung über bin ich äußerst scharf bewacht worden. Dies, obwohl etwa zwölf Beamte in meiner damaligen 50-qm-großen Wohnung im Einsatz waren. Es ist mir widerrechtlich untersagt worden, der Hausdurchsuchung beizuwohnen. Ich wurde mit Gewalt aus dem Flur in die Küche zurückgedrängt, als ich im Wohnzimmer bei der Durchsuchung zugegen sein wollte. Als ich Staatsanwalt Feuerberg darauf hin ansprach, anwortete dieser mir überhaupt nicht. Erst nach nochmaligem Verweis auf mein Recht, sagte er lapidar, das sei so rechtens. Dies in einem Ton, der verriet, daß er dies gegen besseres Wissen sagte. In der Tat muß davon ausgegangen werden, daß Staatsanwalt Feuerberg als Volljurist von der Unrechtmäßigkeit seines Vorgehens weiß. Ich konnte überhaupt nicht die geringste Bewegung machen, ohne daß mich sofort ein Polizist mit dem Gummiknüppel einschüchterte und bedrohte und mußte unter ständiger Aufsicht in der Küche bleiben und frieren, da diese nicht beheizt war. Ich durfte mir mit der irrigen Begründung, ich könnte einen Beamten absichtlich mit kochendem Wasser verbrühen, kein Wasser für einen Morgentee kochen. Erst nach Stunden wurde mir ein warmes Getränk gestattet. Jener Beamte mit dem Gummiknüppel tat sich mit besonderer Aggressivität, bei der Erstürmung meiner Wohnung sogar mit Brutalität hervor. Diese Durchsuchungsaktion hat in meine Seele Wunden geschlagen. Die Hausdurchsuchung fand ich einer Art und Weise statt, als sei ich ein Schwerstkrimineller, von dem eine enorme Bedrohung ausgeht. Die Polizisten machten Fotos von meiner Wohnung und von dem sich in dieser befindlichen Büroraum des Verlages, wobei sie die Ordnung nicht wie vorgefunden beließen, sondern Bücher verrückten und in Szene setzten. Ich erinnere mich nicht mehr an alle Einzelheiten und Rechtsverletzungen bei dieser Hausdurchsuchung. Das von mir angefertigte Gedächtnisprotokoll, das hier von Nutzen sein könnte, ist bei einer späteren Hausdurchsuchung mitsamt fast sämtlicher privaten wie gewerbemäßigen Unterlagen widerrechtlich beschlagnahmt worden. Der Verdacht liegt nahe, daß bereits hier Spuren verwischt und Kritik aus dem Weg geräumt werden sollte, wie es mit der vorliegenden Anklage ein weiteres Mal der Fall ist. Mein Verdacht geht hier leider noch viel weiter. Ich mußte den Eindruck gewinnen, daß die Durchsuchungen und die Beschlagnahme weit über den vom Durchsuchungsbeschluß gesetzten Rahmen hinausgingen und den Zweck hatten, meine Arbeit und mein Leben maximal zu schädigen bzw. zu zerstören. Dies begründe ich damit, daß bei dieser zuletzt genannten, am 10.4.1997 stattgefundenen Hausdurchsuchung ein großer Teil meines Privateigentums beschlagnahmt worden ist, obwohl dieser für die Ermittlungen völlig irrelevant ist. So sind neben zwei Computern, die mit der Herstellung des seinerzeit inkriminierten Heftes Sleipnir 4/96 nichts zu tun hatten, insgesamt 45 Ordner – ich wiederhole: 45 Ordner – mit zum größten Teil völlig ermittlungsirrelevanten, rein privaten, persönlichen Unterlagen beschlagnahmt, mir weggenommen worden. Ich war nach dieser Beschlagnahme u.a. nicht mehr im Besitze meines Mietvertrages, meines Arbeitsvertrages, meiner Versicherungsunterlagen, meiner Urkunden zu Gewerbean- und -abmeldungen, meiner standesamtlichen Urkunden, meiner steuerlichen Unterlagen, meiner Unterlagen bezüglich Kranken- und Rentenkasse, der Unterlagen zu meiner publizistischen Tätigkeit, meines Archivs u.s.w. – sämtliche persönliche Unterlagen zu meiner bürgerlichen Existenz sind mir weggenommen und bis heute nicht wiedergegeben worden. Am schwersten wiegt aber, daß mir sämtliche Unterlagen zu den damals bereits laufenden Ermittlungen wegbeschlagnahmt worden sind, d.h. insbesondere sämtliche richterliche Beschlüsse, staatsanwaltliche Anklageschriften und vor allem sämtliche Unterlagen zu meiner Verteidigung samt dem Schriftwechsel mit meinem Verteidiger. Dies stellt eine besonders grobe Verletzung dar und wird untersucht werden müssen. Zu veranworten wird dieses Unrecht ebenfalls Herr Richter Ebsen haben, der diese Beschlagnahmung am 17.4.1997 richterlich bestätigt hat.

Bei einer Hausdurchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln in einer Ermittlungssache wegen “Volksverhetzung” (352 Gs 3367/97) am 2. Oktober 1997 in meiner damaligen Wohnung in der Dunckerstraße 73 ist ein Buch beschlagnahmt worden. Ich sagte dem Polizisten, dies sei ein Einzelexemplar und dürfe nicht beschlagnahmt werden. Darauf erhielt ich einfach keine Reaktion, das Buch verschwand kommentarlos.

Ich bin ein nicht nachtragender, besser gesagt vergeßlicher Mensch, und vieles, was, seit ich vor ca. sechs Jahren begann, mich in der freien, unabhängigen Publizistik zu engagieren, an Ungerechtigkeiten und Rechtsbrüchen an mein Ohr und meine Augen gedrungen ist und was nicht vergessen werden dürfte, habe ich wieder vergessen. Ich hätte dies alles archivieren müssen; ich bedaure, es nicht getan zu haben und hoffe, daß dies andere getan haben und tun. Und so möchte ich ein weiteres, jüngeres Beispiel aus meinem eigenen Leben dafür anführen, daß wir es meiner Meinung nach in der BRD in weiten Zügen mit einem totalitären Unrechtsstaat zu tun haben. Ich bin von Beruf Taxifahrer. Alle drei Jahre muß der Personenbeförderungsschein vom Landeseinwohneramt (dort genauer Referat III C) verlängert werden, damit ich weiter meiner Arbeit nachgehen kann. Am 30. Oktober des vergangenen Jahres stellte ich einen diesbezüglichen Antrag. Eine Verlängerung aber ist mir vom verantwortlichen  Herrn Abisch verwehrt worden, und zwar mit Hinweis auf die anhängigen Strafverfahren gegen mich. Auf meine Nachfrage, auf welchen Gesetzen diese Ablehnung einer Verlängerung meines P-Scheins basiere, nannte man mir die Paragraphen 15 k und 15 f der Straßenverkehrszulassungsordnung. Diese Paragraphen geben aber in meinem Falle absolut nichts für eine Verweigerung einer Verlängerung des P-Scheins her. Wie soll man bezeichnen, was der Staatsbeamte Abisch hier macht? Seine Motive sind mir unbekannt, seine Begründung ist nichtig. Also kann hier nur von einem Willkürakt gesprochen werden, dessen Motivation außerhalb der Gesetze und offenbar im Bereich des persönlichen Ermessens des Staatsbeamten liegt. Dies ist keine rechtsstaatliche, dies ist eine totalitäre, obrigkeitsstaatliche Praxis. Die bereits gezahlten 67,- DM an Gebühren für die Verlängerung des P-Scheines sind weg; stattdessen mußte ich erneut 80,- DM für eine Ausnahmegenehmigung zahlen. Diese gilt nur für zwei Monate, und für neue Ausnahmegenehmigungen alle zwei Monate werde ich jeweils erneut zahlen müssen, wobei ich mir überhaupt nicht sicher sein kann, ob ich weitere Ausnahmegenehmigungen überhaupt bekomme. Aus nebulösen Gründen werde ich in meiner Existenz bedroht.

1. März 1999

 

 

2. Antrag auf Einstellung des Verfahrens in der Sache 81 Js 2701/96, für den Prozeß Anfang März 1999 vorbereitet, nicht vorgetragen

 

Ich beantrage, das Verfahren zum Aktenzeichen 81 Js 2701/96 einzustellen, weil die Anklageschrift des Herrn Staatsanwalt Feuerberg liederlich, ungenügend und voller sachlicher Fehler ist.

Begründung: In der Anklageschrift heißt es:

    “Den Angeschuldigten wird folgendes zur Last gelegt: Mindestens seit Oktober 1995 betrieben die Angeschuldigten Töpfer und Röhler in ihren Wohn- und Geschäftsräumen, spätestens seit 1. April 1997 auch in einem Lagerraum in der Schieritzstraße 34 in Berlin-Prenzlauer Berg,als Gesellschafter der GbR ‚Verlag der Freunde‘ ein verlags- und buchhandlungsähnliches Unternehmen, in dem sie in großem Umfange Druckschriften, welche sich mit den Massenmorden in Konzentrationslagern des Dritten Reiches befaßten, bezogen, unter der Anschrift des Angeschuldigten Röhler in der Baerwaldstraße 4 in Berlin-Kreuzberg sowie unter der Wohnanschrift des Angeschuldigten Töpfer, die zunächst zugleich als Verlagssitz diente, in der Marchlewskistraße 37 in Berlin-Friedrichshain, und im vorbezeichneten Lagerraum in der Schieritzstraße 34 in Berlin-Prenzlauer Berg lagerten und von dort aus versandten.”

Diese Sätze enthalten viele Unwahrheiten. Im einzelnen ist folgendes nicht richtig: Es hat nie “Geschäftsräume” gegeben, auch nicht an verschiedenen Orten, sondern nur einen Geschäftsraum, d.h. richtigerweise gesagt einen Firmensitz. Und dieser befand sich in der fraglichen Zeit allein in der Marchlewskistraße 37.

Ich habe nicht “spätestens seit 1. April 1997 [...] als Gesellschafter der GbR ‚Verlag der Freunde‘ ein verlags- und buchhandlungsähnliches Unternehmen [...] betrieben”, sondern ich bin bereits mit Beginn des Jahres 1997 aus der genannten GbR ausgeschieden. Insofern ist es auch falsch, wenn Staatsanwalt Feuerberg schreibt, “sie” (Mehrzahl dritte Person; damit sind offenbar Andreas Röhler und ich gemeint) hätten Druckschriften bezogen, gelagert oder versandt.

Bei der GbR “Verlag der Freunde” handelte es sich bis 1.1.1997 und bei dem Einzelgewerbe namens “Verlag der Freunde” handelt es sich seither nicht um ein “verlags- und buchhandlungsähnliches Unternehmen”, sondern um einen Verlag als auch um eine Buchhandlung. Das sollte Staatsanwalt Feuerberg zur Kenntnis nehmen. Auf “verlags- und buchhandlungsähnlichen Unternehmen” mögen die Gesetze nicht anzuwenden sein, auf Verlage und Buchhandlungen sehr wohl. Vielleicht erklären sich daraus die von ihm bisher begangenen Rechtsbrüche. Dies stellt bereits in der Tat eine Verächtlichmachung unserer Personen dar, auf die die entsprechenden Gesetze nicht angewandt werden brauchen.

Staatsanwalt Feuerberg legt uns zur Last, daß wir Druckschriften bezogen, lagerten und versandten, “welche sich mit den Massenmorden in Konzentrationslagern des Dritten Reiches befaßten”. Inwiefern soll darin etwas Belastendes liegen? Die Anklageschrift ist daher nichtig.

Staatsanwalt Feuerberg schreibt auf Seite 4 seiner Anklageschrift: “Im einzelnen veröffentlichten die Angeschuldigten aufgrund eines zuvor gefaßten gemeinsamen Tatentschlusses [...] einen Beitrag [...].” Was weiß Staatsanwalt Feuerberg über unsere, Andreas Röhlers und meine, Tatentschlüsse? Wie kommt er darauf, wir hätten gemeinsam einen Tatentschluß gefaßt? Kann er Gedanken lesen? Ist Staatsanwalt Feuerberg Hellseher? Staatsanwalt Feuerberg beleidigt somit das von ihm ausgefüllte Amt der Staatsanwaltschaft und das Rechtswesen als Ganzes.

Auf Seite 5 seiner Anklageschrift schreibt Staatsanwalt Feuerberg: “Schließlich bewahrten die Angeschuldigten [...] drei Exemplare der Druckschrift ‚Freispruch für Hitler [...]‘ von Gerd Honsik auf, um sie an Gleichgesinnte weiterzugeben.” Auch hier muß Staatsanwalt Feuerberg über eine übersinnliche Begabung verfügen. Was weiß Herr Staatsanwalt Feuerberg darüber, an welche Kunden der Buchhandlung Bücher weiterveräußert wurden und welche “Gesinnung” diese haben? Von welcher Bedeutung ist hier überhaupt die  Gesinnung der Kunden? Staatsanwalt Feuerberg gibt mit seinen parapsychologischen Einlagen sein Amt der Lächerlichkeit preis und schadet somit erheblich dem Ansehen der Justiz.

Gleichfalls auf Seite 5 schreibt Staatsanwalt Feuerberg: “Die Druckschrift [das bereits genannte Buch ‚Freispruch für Hitler‘ von Gerd Honsik) leugnet die Existenz von Gaskammern im Dritten Reich.” Leugnen bedeutet, gegen besseres Wissen die Unwahrheit zu sagen. Kann Herr Staatsanwalt Feuerberg abermals Gedanken lesen, diesmal die des Autoren Honsik? Was weiß Herr Staatsanwalt Feuerberg darüber, ob Autor Gerd Honsik bewußt und gegen besseres Wissen die Unwahrheit sagt? Wie kommt er darauf, daß in diesem Buch irgend etwas geleugnet wird?

Unter der Überschrift “Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen” schreibt Staatsanwalt Feuerberg auf Seite 6 seiner Anklageschrift, daß “anläßlich der Durchsuchung in seiner Wohnanschrift unter anderem zehn Exemplare [...] ‚Sleipnir‘ 4/96 aufgefunden werden konnten”. Staatsanwalt Feuerberg stellt mit seiner Formulierung “Durchsuchung in seiner Wohnanschrift” eine ungenügende Beherrschung der deutschen Sprache unter Beweis. Eine Wohnanschrift kann nicht durchsucht werden. Dies ist eines Staatsanwaltes unwürdig. Im nächsten Absatz heißt es: “Sie betreiben in dieser Eigenschaft ein verlags- bzw. buchhandlungsähnliches Unternehmen, welches Schwerpunkt revisionistische Druckerzeugnisse verlegt und unter anderem die Druckschrift ‚Sleipnir‘ herausgbit.” Mit diesem Satz in einer Anklageschrift eines Staatsanwaltes ist nichts anzufangen. Wie soll sich der Angeklagte hier verteidigen? Staatsanwalt Feuerberg hat sich ganz offensichtlich nicht einmal die Mühe gemacht, seine Anklageschrift Korrektur zu lesen.

Auf Seite 7 der Anklageschrift heißt es: “Weiterhin wurde vielfältige Korrespondenz des ‚Verlages der Freunde‘ mit namhaften Rechtsextremisten aufgefunden, die belegt, daß der Schwerpunkt des Engagements des ‚Verlages der Freunde‘ keineswegs wissenschaftlichen Zwecken dient.” Es ist nicht verständlich, welche verfahrensrelevante Bedeutung der Begriff “namhafte Rechtsextremisten” haben soll. Was soll daran strafbar sein, mit irgend jemandem zu korrespondieren, solange in dieser Korrepondenz nicht etwa Straftaten vorbereitet werden? Staatsanwalt Feuerberg aber nennt keine entsprechende Stelle in den Briefwechseln des Verlages der Freunde mit wem auch immer. Will er falsche Verdächtigungen aussprechen? Selbst für den Fall, daß der Verlag der Freunde mit Straftätern korrespondierte, erwüchse aus dieser Tatsache allein nicht das Geringste, was den Mitarbeitern des Verlages der Freunde strafrechtlich zum Vorwurf gemacht werden könnte. Der Zusammenhang zwischen den sog. Rechtsextremisten und den wissenschaftlichen Zwecken ist insofern erst recht von keinerlei verfahrensrelevantem Interesse. Dies hat in einer Anklageschrift nichts zu suchen.

Staatsanwalt Feuerberg wirft uns, den von ihm Angeklagten, vor, drei Delikte begangen zu haben und listet diese auf Seite 2 der Anklageschrift von a) bis c) auf. Zum Punkt a) habe ich mich in einem weiteren Antrag gesondert ausführlich geäußert, da Staatsanwalt Feuerberg sich – wenn auch vergeblich – wenigstens die Mühe macht, den unter diesem Punkt angeführten Vorwurf (Beschimpfung und Verächtlichmachung der BRD) zu belegen. Zu den in den Punkten b) und c) behaupteten Strafgesetzverletzungen äußert sich Staatsanwalt Feuerberg in der Anklageschrift nicht. Er bleibt es den Verfahrensbeteiligten schuldig aufzuzeigen, worin genau eigentlich die Verletzung eines Strafgesetzes bestehen soll. Die Anklageschrift ist hierin nichtssagend.

 

 

3. Antrag auf Einstellung des Verfahrens in der Sache 81 Js 1931/97, für den Prozeß Anfang März 1999 vorbereitet, nicht vorgetragen

 

Ich beantrage, das Verfahren zum Aktenzeichen 81 Js 1931/97 einzustellen, weil die Anklageschrift des Herrn Staatsanwalt Feuerberg nicht verständlich ist und ich mich zu einer Verteidigung außerstande sehe.

 

Begründung: Andreas Röhler und ich werden angeklagt,

    “Schriften, die eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der im § 220 a Abs. 1 StGB bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, vorrätig gehalten zu haben, um sie zu verbreiten.”

Diesen ersten Satz der Anklageschrift kann ich nicht verstehen. Ich bezweifle, daß diesen Satz überhaupt jemand versteht. Es geht aber in dieser Angelegenheit um etwas, sogar um viel. Es geht nicht nur um die Ehre der hier an diesem Verfahren Beteiligten, sondern es geht um die Ehre des gesamten Menschengeschlechts, für die wir hier exemplarisch stehen. Ich frage mich, ob dieser Satz vom Richter, von meinem Verteidiger, ob er überhaupt von Staatsanwalt Feuerberg selber verstanden wird, der ihn geschrieben hat. Ich reduziere den auf seinen Kern. Da lautet er: “Andreas Röhler und Peter Töpfer werden angeklagt, Schriften vorrätig gehalten zu haben, um sie zu verbreiten.” Soweit ist der Satz verständlich. Er wird aber genau an der Stelle unverständlich, wo uns Staatsanwalt Feuerberg vermitteln will, warum dieses Vorrätighalten und Verbreiten strafbar sein soll, warum er der Ansicht war, uns wegen dieses Vorrätighaltens und Verbreitens anklagen und zu diesem Behufe die hier fragliche Anklageschrift verfassen zu müssen. Er wird an der Stelle unverständlich, wo es um die Wurst geht: wo es um Gefängnis-, Bewährungs- oder Geldstrafe für uns und um die Ehre des Menschengeschlechts geht, die wir alle zu beleidigen in Gefahr kommen, falls wir nicht unsere Intelligenz, Ehrlichkeit, Wahrheitsliebe und guten Willen einsetzen. Diese Intelligenz, Ehrlichkeit und Wahrheitsliebe muß von uns allen, von allen Beteiligten an diesem Verfahren, aber auch von der dieses Verfahren begleitenden Öffentlichkeit gefordert werden. Falls wir auch nur etwas unverständlich lassen, falls wir Dinge im Unklaren lassen, die aufgeklärt werden können, dann würden wir damit die gesamte Menschheit beleidigen. Wir wären eine Schande für die Menschheit. Wir sind heute und hier an diesem Ort die Menschheit. So wie heute an irgendeinem anderen Ort der Erde jeder einzelne Mensch, jede einzelne Menschengruppe, die beweisen muß, daß sie sich dem Leben stellt, daß sie Verantwortung übernimmt, die gesamte Menschheit repräsentiert. Was sind aber die Werkzeuge dieser Verantwortung? Es sind zu allererst Intelligenz und Ehrlichkeit. Es ist die Bereitschaft, die Dinge verstehen, sie anerkennen zu wollen. Wenn an irgendeiner Stelle dieser Erde jemand mit irgendwas befaßt ist, und dieser Jemand tut dies, ohne einen Kontakt zu dieser Sache zu haben, ohne diese Sache zu verstehen, ohne eigentlich zu wissen, was er tut, womit er es überhaupt zu tun hat, dann beleidigt und entehrt er sich nicht nur selbst, sondern die gesamte Menschheit. Denn er wird mit dieser seiner Vorgehensweise nicht überlebensfähig sein, weil die Dinge ihm früher oder später über den Kopf wachsen und ihn zermalmen werden. Und er gefährdet damit unser aller Überleben. Er hat seinen Posten verlassen. Dieser Posten hat den Namen Menschsein auf dieser Erde. Wir müssen uns auf unsere Mitmenschen verlassen können. Wenn sie nicht die volle Verantwortung für ihr Tun übernehmen, d.h. aber, wenn sie nicht ihre ganze Verstandeskraft und Ehrlichkeit einsetzen, um den Problemen gerecht zu werden, die gelöst werden müssen, stattdessen aber Probleme schaffen, wo keine sind – indem beispielsweise unbegründeterweise Anklageschriften verfaßt werden und die Unbegründetheit mit unverständlichen Sätzen kaschieren wird – dann stellen diese Mitmenschen eine Gefahr für die Menschheit dar.

Hat Staatsanwalt Feuerberg seine Intelligenz und seine Ehrlichkeit eingesetzt, war er sich seiner Verantwortung bewußt, als er diesen ersten Satz seiner Anklageschrift geschrieben hat? Hat er Verantwortung übernommen? Hat er versucht, seiner großen Verantwortung als hoher Funktionär eines so eminent wichtigen Gebietes des menschlichen Zusammenlebens, das das Rechtswesens ist, gerecht zu werden. Seine Rolle, seine Aufgabe ist für das Schicksal Einzelner, im vorliegenden Falle für unser Schicksal, aber darüber hinaus für das Schicksal unseres Gemeinwesens sehr wichtig; ist er sich überhaupt im klaren darüber? Ich verstehe seinen Satz nicht. Ich bezweifle, daß er überhaupt verständlich ist. Ich halte es für möglich, daß Staatsanwalt Feuerberg selbst diesen seinen Satz versteht. Aber ich erwarte von einem so hochrangigen Vertreter des Rechtspflege, daß er sich die Mühe macht, sich den an einem Verfahren Beteiligten gegenüber verständlich zu machen. Er macht es nicht. Stattdessen aber verwendet Staatsanwalt Feuerberg in seiner Anklageschrift acht Zeilen, d.h. etwa zehn Prozent des Umfangs seiner Anklageschrift, darauf, uns mitzuteilen, daß der Angeschuldigte Röhler einen Text, hier den angeblich kriminellen Text der Frau Weckert, entgegengenommen hat. Um einen Text zu veröffentlichen, muß man ihn logischerweise erst einmal entgegennehmen. Diese Anklageschrift ist nicht seriös.

 

 

4. Antrag auf Einstellung des Verfahrens in der Sache 81 Js 1931/97, für den Prozeß Anfang März 1999 vorbereitet, nicht vorgetragen

 

Ich beantrage, das Verfahren zum Aktenzeichen 81 Js 1931/97 einzustellen, weil es der Anklage durch Staatsanwalt Feuerberg an Seriosität mangelt.

 

Staatsanwalt Feuerberg schreibt:

    “Neben der scheinbar dokumentarischen Darstellungsweise der Erlebnisberichte eines ehemaligen KZ-Insassen und eines Insassen des Kriegsgefangenenlagers, bei dem überwiegend positive Eindrücke des ehamligen KZ-Insassen besonders negativen Erfahrungswerten des anderen Insassen gegenübergestellt werden, kommentiert die gesondert verfolgte Ingrid Weckert dies jedoch in einer Weise, die aufzeigen soll, daß es die historisch überlieferte Massenvernichtung – insbesondere im KZ Dachau – so nicht gegeben habe”.

Inwiefern ist die Darstellungsweise nur “scheinbar dokumentarisch”? Was, außer die Dokumente sprechen zu lassen, soll Frau Weckert noch tun? Der Text Frau Weckerts besteht mindestens zur Hälfte aus Zitaten aus den Dokumenten, nämlich den Tagebüchern der Lagerinsassen: Das ist schon bei erster Inaugenscheinnahme sofort ersichtlich, da die Zitate kursiv gesetzt sind. Unterstellt Staatsanwalt Feuerberg mit dem Wort “scheinbar” Frau Weckert etwa, sie habe diese Dokumente gefälscht? Welche Anhaltspunkte außer den Text selber aber hätte Herr Feuerberg dafür? Staatsanwalt Feuerberg möchte vielleicht die Wissenschaftlichkeit der Autorin in Zweifel ziehen, bleibt dafür aber die sachlichen Argumente schuldig.

Wenn Frau Weckert über Erlebnisberichte am präzisen Ort Dachau schreibt, wieso kommt Staatsanwalt Feuerberg dazu, ihr eine “Weise” zu unterstellen,  mit der sie “aufzeigen” wolle, “daß es die historisch überlieferte Massenverichtung so nicht gegeben habe”, auch wenn er das mit dem Einschub in Gedankenstrichen “– insbesondere im KZ Dachau –” zu relativieren versucht? Was weiß Staatsanwalt Feuerberg darüber, was Frau Weckert über die Geschehnisse in anderen KZs denkt?

Mit dem Wort “insbesondere” bezieht sich Staatsanwalt Feuerberg wahrscheinlich auf die Örtlichkeit Dachau, auf die Besonderheit des KZs Dachau. Man könnte den Feuerberg‘schen Satz aber auch dahingehend interpretieren, daß es besonders in Dachau zu Massenvernichtungen gekommen ist. Das möchte ich Staatsanwalt Feuerberg nicht einmal unterstellen. Aber dennoch scheint für Staatsanwalt Feuerberg das KZ Dachau ein Massenvernichtunslager gewesen zu sein, was zu leugnen er Frau Deckert und welche Leugnung vorrätig gehalten und verbreitet zu haben er Andreas Röhler und mir vorwirft. Ich stelle hiermit den Antrag auf Hinzuziehung eines Sachverständigen, etwa eines Professors für Zeitgeschichte, der sagen soll, ob das KZ Dachau ein Massenvernichtungslager war oder nicht. Staatsanwalt Feuerberg soll glauben, was immer er glauben will über die Dinge der Welt im allgemeinen und über die Geschichte des 20. Jahrhunderts im besonderen. Er soll auch an Gaskammern im KZ Dachau und an dortige Massenvernichtungen glauben. Aber aufgrund seiner privaten Meinung in einer historischen Angelegenheit eine Anklage zu erheben, das ist schon ein starkes Stück.

Damit soll aber nicht etwa gesagt werden, daß Frau Weckert nicht grundsätzlich das Recht hat, zu sagen, was immer ihr beliebt zu sagen.

 

 

5. Antrag auf Einstellung der Verfahren in Sachen 81 Js 2701/96  und 81 Js 1931/97, für den Prozeß Anfang März 1999 vorbereitet, nicht vorgetragen

 

Ich finde das ganze Verfahren absurd. Ich habe innerlich nichts mit dem Verfahren zu tun, finde mich aber trotzdem auf der Anklagebank wieder. Ich empfinde die Anklage als absurd und kann nur schwer eine Verbindung und eine Einstellung zur Sache herstellen. Ich bin ein freier Mensch und handle in Freiheit und Verantwortung. Daß es Menschen gibt, die uns wegen was auch immer angezeigt haben und daß Staatsanwalt Feuerberg uns daraufhin anklagt, ist mir völlig unverständlich. Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, was uns überhaupt vorgeworfen wird und daß wir hier vor einem Richter und gegenüber einem Staatsanwalt, der uns ins Gefängnis bringen will, sitzen müssen. Ich komme mir absolut deplaciert vor. Ich finde die Anschuldigungen absurd und kann nichts mit ihnen anfangen. Da sie aber ausgesprochen worden sind und nun zur Verhandlung stehen, bin ich gezwungen, mich mit ihnen auseinanderzusetzen. Dadurch werden die Anschuldigungen jedoch nicht weniger absurd; sie wirken jetzt lächerlich, abgrundtief lächerlich. Ich finde keine Worte dafür, denjenigen zu beschreiben, der sich dafür hergibt, uns irgendetwas Schlechtes vorzuwerfen. Nie würde sich auch nur ein geringstes Empfinden irgend eines Unrechts, geschweige denn einer Straftat in mir regen. Die Anschuldigung trifft mich aus heiterem Himmel völlig unerwartet. Ich hätte nie gedacht, daß das, was ich zu verantworten habe – und ich verantworte es vor der Welt und der Menschheit – jemals einen Staatsanwalt auf den Plan rufen könnte. Zudem eines Staatsanwaltes einer sich freiheitlich-demokratisch nennenden Grundordnung. Ich lebe und arbeite als Publizist in einer sich so nennenden Ordnung. Ich bin Teil der europäischen Geschichte. Seit der Aufklärung sind inzwischen zwei Jahrhunderte vergangen. Ich faß es nicht, daß wir heute hier auf einer Anklagebank sitzen müssen. Es ist eine Schande für die, die dafür verantwortlich sind. Sie beschämen die gesamte Menschheit. Sei beschämen nicht nur die Menschheit, sondern überhaupt alles Lebendige. Sie beschämen nicht nur jedes frei atmende Tier, sie beschämen jeden Kubikmeter Luft der Atmosphäre. Jeden klaren Gebirgsbach. Es ist eine Schande für die Menschheit. Jeder Eskimo, jeder Amazonas-Indianer, jeder Mensch, der in Freiheit lebt, dem ich davon erzählen würde, würde ungläubig mit dem Kopf schütteln. Es ist eine Schande für unser Land, für Deutschland, für die Deutschen. Staatsanwalt Feuerberg beschämt uns Deutsche vor der ganzen Menschheit. Wir stehen da wie die Dummen. Ich schäme mich, einem Volk von Feiglingen anzugehören. Ungläubiges Kopfschütteln der Eskimos. So viel Feigheit, so viel Selbstverrat können sie sich nicht vorstellen. Wir Deutschen spielen eine traurige, unrühmliche Sonderrolle. Ich habe es als Deutscher bei den meisten meiner Landsleute und vor allem bei den Machthabenden, bei den Funktionären des Staates, bei denen, die Macht ausüben in den veschiedenen Gewalten, mit einen undurchdringlichen ideologisch-emotionalen Knäuel zu tun. Die Freiheit dieser Menschen, die keine Menschenwürde kennen, ist umgarnt und umzingelt von Gehorsam, Feigheit und Angst, einmal etwas vermeintlich Verkehrtes sagen zu können. Diese Angst ist mir fremd. Es fällt mir schwer, mich auf solch ängstliche Menschen einstellen zu müssen. Dieses Deutschland weiß nicht und hat wahrscheinlich nie gewußt, was freies Atmen bedeutet. Was ein Kubikmeter sauberer Luft aus der Erdatmosphäre bedeutet, und was es bedeutet, sich mit diesem Kubikmeter Luft zu verbinden, ihn einzuverleiben. Diesem Deutschland ist das Wort Freiheit ein Fremdwort, so fremd und unverständlich, wie mir dieser Prozeß hier ist. Wie der freie Amazonas-Indianer ungläubig, aber dennoch etwas mitleidvoll den Kopf schütteln würde, so habe auch ich Mitleid mit Staatsanwalt Feuerberg. Aber mein Mitleid hat Grenzen, es verwandelt sich mehr und mehr in Verachtung. Denn wir Menschen sind von Natur aus solidarisch. Aber wer partout keine Verantwortung in Freiheit übernehmen will, wer durch seine Feigheit die Menschheit beschämt, wer seine eigenen Prinzipien, im vorliegenden Falle die der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, verrät, wer keinen guten Willen mehr zeigt, seine Würde und Ehre zu schützen, mit dem hat man irgendwann kein Mitleid mehr.